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Alt 10.01.2003, 07:59
Gast
 
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Standard Ich, als Enkelin, welche Pflichten habe ich?

Hallo Jule
ersteinmal möchte ich Dir sagen, das Du jedes Recht der Welt hast, auch an Dein Leben zu denken. An Deine Ausbildung und all das, was zum Leben dazu gehört.
Laß Dir kein schlechtes Gewissen einreden, denn Du brauchst es nicht zu haben !!!

Ich schreibe Dir das jetzt einfach mal als Betroffene (jetzt seit ziemlich genau einem Jahr) - aber auch als Angehörige, die genau das erlebt hast, was Du jetzt erlebst.
Ich war damals 19/20 Jahre alt, als meine Mutter an Krebs erkrankte und sehr sehr schnell unleidig wurde. Klar, sie hat viel mitgemacht, aber wir - ihre Knder auch. Wir alle haben kurz vorher unseren Bruder ( damals 20 Jahre) alt durch Suzid verloren, deswegen kann ich auch dieses Gefühl sehr sehr gut nachvollziehen.
Ich war damals Diejenige, die aus diesem Grunde wieder zu den Eltern zurückgezogen ist, weil die Mutter krank geworden ist. Habe neben meiner Ausbildung und Arbeit versucht den kleineren Geschwistern die grosse Schwester zu sein und mich langsam aber sicher als Mutterersatz zu etablieren. Und trotzdem war immer alles falsch, was ich getan habe... Je kränker meine Mutter wurde, je schwieriger war es für mich, ihr alles Recht zu machen. Ich gab alles auf - praktisch mein Leben, nur um für sie da zu sein, für die beiden jüngeren Geschwister. Machte meine Arbeit weiter ... In der Mittagspause erledigte ich Einkäufe, nahm mir frei um mit ihr zum Arzt zu fahren; besuchte sie im Krankenhaus; machte den kompletten Haushalt - oft bis tief in die Nacht hinein.
Meinen Vater gabs auch noch - irgendwie. Er war haltlos überfordert, also musste ich herhalten. Hab das auch gemacht - die ganze Zeit während ihrer Krankheit und auch nach ihrem Tod. Bis der jüngste endlich 18 Jahre alt war. Dann war ich ausgepowert - mit Mitte 20 ...

Heute würde ich vieles davon wieder machen, aber nicht alles.
Denn es hat mich viel zu viel gekostet - und es war keiner da, der mich mal in die Arme genommen hat, der mir mal zugehört hat. Alle dachten wohl immer - die E. ist stark, jung und eben die älteste Tochter des Hauses. Dann muss es eben so sein wie es ist. Gut, das ganze ist jetzt 25 Jahre her, es gab damals noch nicht so viele Hilfsmöglichkeiten wie heute. Aber jeder hat das Recht auf sein Leben. Und es ist gut, das Du es auch so siehst und machst.

Habt ihr schon mal darüber nachgedacht, das es durchaus auch die Möglichkeit gibt zusätzlich eine Pflegekraft zu engagieren? Dafür wird doch in die Pflegekasse eingezahlt.
Das hat nichts mit Abschieben zu tun, es ist eine unterstützende Maßnahme. Ich selber bin mittlerweile in eine Pflegestufe eingestuft - und kann mir so ein wenig Hilfe leisten. Das tut gut und macht mich unabhängiger von der Familie.

Leider kann man es nicht allen Recht machen Jule, egal was Du tust oder wie Du es tust. Wenn Menschen das negative sehen wollen, sehen sie all das Positive schon aus diesem Grund nicht. Es ist nicht einmal böse gemeint.

Auch wenn ich weiß, das Krebs eine sehr sehr schwere Krankheit ist, so habe ich mir fest vorgenommen, dies nicht an meine Angehörigen/Bekannten auszulassen. Auch ich als Patientin hab gewiße Pflichten, nicht nur Rechte. Nicht nur Rechte des Nehmens.
Wenigstens ein Dankeschön ist wohl immer drinnen, und tut auch niemanden weh es zu sagen... egal wie hart der andere Mensch ist - wahrzunehmen, was Andere für mich als Kranke tun. Ich habe nicht das Gefühl, Dankbar bis ins Dorthinaus sein zu müssen, für alles was für mich getan wird. Soviel ist es auch nicht, da ich viel lieber meine Selbständigkeit aufrecht erhalten will, und wenn es mit Hilfe der Pflegestufe ist, die mir zusteht.

Aber ich bedanke mich gerne mit ein paar Kleinigkeiten dafür. Und es tut mir gut, es so zu tun.

Wünsche Dor für Deinen Lebensweg alles Gute - und für die nächste Zeit viel kraft und vor alen Dingen eine Entscheidung, wie Du Dich weiterhin eingeben kannst - ohne Dich selber zu verlieren.

Der Vorschlag von Brigitte, ihr wenigstens einen Brief zu schreiben ist nicht schlecht. Wobei es auch sein kann, das es nicht viel helfen wird. Aber dann hast Du dir einen möglichen Weg gesucht. Mehr geht nun mal nicht.

viele Grüße
elisabeth
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