Liebe (?) Larei,
schämen musst Du Dich nicht. Deine Reaktionen und auch die von Hope sind menschlich. Die Position des Angehörigen ist oft viel schwieriger als die des Kranken. Du als Angehörige leidest viel mehr und auch länger, denn Du musst mit dieser Krebs-Erinnerung weiterleben. Deine Tochter durfte gehen...
An jeder Stelle meiner Krankengeschichte wusste ich, was meine Lieben mir eigentlich sagen wollten, was sie meinten und was mit ihnen passierte. Sie taten mir unendlich leid. Ich konnte nur nicht mehr angemessen reagieren, weil ich in meiner inneren Dunkelheit gefangen war und es da so gar nicht wichtig für mich war. Ich denke, dass wird auch bei Deiner Tochter so gewesen sein. Ich glaube nicht, dass sie Dir irgendetwas übel genommen hat oder es im Nachhinein tun würde. Nein, Du musst Dich wirklich nicht schämen.
Ich denke, man muss dem Tod sehr nahe kommen, um das, was mit einem selbst passiert, in Worte fassen zu können. Ich war dem Tod so nah. Ich erinnere mich an die Augen von nächtlich hereinkommenden Krankenhausärzten, die still meine Hand nehmen und mich traurig und voller Hoffnungslosigkeit anschauen. Ein Arzt sagte ganz leise: "Sie sind sehr schwer krank..." Dabei hatte er Tränen in den Augen. Das ist eine Erinnerung, die sich mir ganz tief eingebrannt hat. Ich wusste, dass ich im Sterben lag. Und ich wusste, ich fühlte es nicht alleine so... man gab mir keine Chance mehr...
Es tut mir unendlich leid für Dich, dass Deine Tochter schon so früh gehen musste, Larei. Vertraue darauf, dass sie jetzt an einem besseren Ort ist und nicht mehr leiden muss.
Ganz liebe Grüße
chaosbarthi