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Alt 20.08.2014, 10:24
Awkward Awkward ist offline
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Standard AW: Jetzt ist Deine Seele frei und ich kann es doch nicht begreifen

Hallo Cricri,

berechtigte Frage ... Technisch gesehen habe ich einen Halbbruder. Mein Paps hat noch einen Sohn. Paps hat seine erste Familie verlassen, als mein Bruder 11 Jahr alt war. Seit dem hatten die beiden wenig bis gar keinen Kontakt zueinander. Meinen Bruder und mich trennen dreizehn Jahre. So wie ich es aus Erzählungen weiß, hat mein Paps sich nie um meinen Bruder gekümmert. Es gab in der Familie wohl ziemliche Probleme. Am Anfang war mein Paps wohl auch nicht sehr interessiert an mir. Meine Ma hat ihn aber dazu "gezwungen" sich um mich zu kümmern. Daraus ist diese enge Bindung geworden. Er hat wohl versucht, alles bei mir wieder gutzumachen. Ich weiß es nicht. Ich habe ihn selbst nur als ganz ganz tollen Paps kennengelernt. Für mich war er immer da. Wir sind bis zuletzt (ich glaub 2008) auch noch jedes Jahr zu zweit in Urlaub gefahren. Einfach nur wir beide. Aber ich schweife ab...

Meine Ma hat sich auch sehr bemüht, meinen Bruder in unsere Familie zu holen. Die beiden haben sich wirklich lieb. Aber mehr als Telefonate sind dabei letztlich nie rausgekommen. Mein Bruder hat auch kein wirkliches Verhältnis zu seiner Mutter. Er ist mit 16 ausgezogen und fokussiert sich seit dem auf seine Partnerschaften. Wir beide haben uns bis jetzt eigentlich nie wirklich kennengelernt. Man hat sich mal gesehen. Das wars.

Während Paps Krankheit war mein Bruder sporadisch da. Die Besuche sind schon regelmäßig gewesen. Aber es waren eben nur Momente. Er hat die Krankheit nie an sich rangelassen. Hat Paps selten so krank erlebt, wie er wirklich war. Als mein Ex sich vor ein paar Wochen getrennt hat, hab ich mir ein Herz gefasst. Ich hatte niemanden. Wusste nicht wohin und wie ich mit Paps umgehen soll. Ich habe meinen Bruder um Hilfe gebeten. Gefragt, ob ich vorbeikommen kann, ob wir reden können. Das ist jetzt vier Wochen her und was soll ich sagen. Wir haben uns einfach angesehen, geredet und geredet. Er und seine Freundin waren so sehr da für mich. Sind es noch. Durch die Trennung haben wir sehr schnell ein enges Band geknüpft. Ich hab ihn wahnsinnig lieb.

Einen Tag vor Paps Tod habe ich ihn angerufen und ihm gesagt, dass ich denke, dass es Zeit wäre sich zu verabschieden, wenn er das möchte. Mein Bruder kam, war aber völlig überfordert mit der Situation. Er hatte Paps so noch nicht gesehen. Er konnte/wollte auch nicht kommen als Paps gestorben ist. Ich habe ihn angerufen und wir haben die nächsten Tage miteinander verbracht. Nur wir zwei. Das Blatt hatte sich etwas gewendet. Ich konnte ihn auffangen. Bei ihm ging nix mehr. Jetzt kommt er gut klar und ist wieder für mich da.

Ich bin so dankbar, dass wir uns endlich gefunden haben. Am Montag war er mir eine so große Stütze. Mein großer Bruder. Ich wünsche mir nichts mehr auf der Welt, dass wir unsere Beziehung weiter ausbauen können. Der Gedanke, dass Paps Tod mir so etwas schönes beschert hat, ist etwas, auf dem ich aufbauen kann.
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Mein Paps - kleinzelliges Bronchialkarzinom - für immer eingeschlafen am 31.07.2014.
Du bist meine Seele, mein Herz. Ich liebe Dich.
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