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Alt 24.11.2012, 21:48
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Petra_S Petra_S ist offline
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Standard AW: Woher Hilfe? An wen wenden?

Liebe Liloe und vor allem auch liebe Sabbimaus!

Zum einen finde ich es traurig, dass sich das Thema nun wohl so verselbstständigt hat, dass es Sabbimaus ggf. seelisch überfordert. Schade, dass Du Dich nicht mehr meldest - Sabbimaus.

Dennoch freue ich mich, dass es mutige wie Liloe gibt, die sich trauen mit dickem Kloß im Hals und Knoten im Herz, sich auf diese schmerzhaften Gedanken einzulassen. Ich weiß aus meiner eigenen Erfahrung (als Angehörige), dass bei Suizidgedanken des geliebten Menschen, sich der Angehörige fragt "Was könnte ICH noch tun, dass das Leben für ihn/ sie wieder lebenswert ist?", "Was habe ich übersehen?", "Muss/ sollte ICH mich noch mehr kümmern?" oder gar "Liebt er/ sie mich denn gar nicht so sehr, dass er/ sie das Leben MIT MIR, einfach bereit ist aufzugeben?" ... das sind furchtbar quälende, selbstzerstörerische Gedanken. Ich bin für mich zu der Überzeugung gekommen, dass es viele Herangehensweisen gibt, so viele Verstrickungen, Dinge die sich bedingen, begünstigen oder auch lindern können. Doch für mich (als suizidal denkende Trauernde)habe ich erkannt, dass nur wenn ich WILL, leben KÖNNEN WILL, dann geht es wieder aufwärts. Als Depressiver "kann man man nicht mehr wollen" - klingt komisch, iss`aber so... Die Falltiefe ist bei jedem Menschen unterschiedlich, aber da ich beide Seiten kenne, glaube ich, dass es für den Angehörigen mindestens genauso schwer ist, wenn nicht wirklich gar schwerer auszuhalten... Der Trauernde/ "Depressive" kann sich allerdings auch nicht mehr einzuschätzen, weil die Kraft plötzlich eine andere ist als früher, die eigenen Grenzen sind völlig "verrückt" im wahrsten Sinne... und der Angehörige kann dieses Schauspiel überhaupt nicht einschätzen, wo steht die geliebte Person, was denkt sie, wie fühlt sie sich? Ist es noch die Person - er/ sie verändert sich - bleibt das so? Wird das gar schlimmer? Wo muss ich eingreifen? Wo ist die Grenze zur Krankheit, wo sich alles wie eine Negativspirale verselbstständigt, alles außer Kontrolle gerät? Ich weiß es nicht, es hängt sicher auch von der inneren Lebens-/ Leidenskraft und der Mentalität des jeweiligen Menschen ab. Ich für mich, muss erst ganz, ganz tief im Loch sitzen, auch mitunter lange, länger als es die Außenwelt auszuhalten gewillt ist und vermag, ggf. eine Zumutung. Aber ich muss mich erst "verlieren", um zu wissen was mir mein Leben ist. Da tut sich die Frage nach dem Sinn wieder auf. Und weil ich zu dem Ergebnis gekommen bin / kommen wollte(?), Dass es doch nicht sein kann, dass alles nur völlig sinnlos und willkürlich passiert, beschließe ich an mutigen Tagen, meinem vielen Leid den Sinn zu geben, dass ich nun anders handele als die über die ich mich geärgert habe - ich beschließe an diesem Tag wirklich "DA" zu sein, wenn ich nun schon mal noch da bin... und meinem Suizidgedanken NICHT nachgehe, an diesem Tag. Wenn ich also noch "DA" bin, dann kann ich wenigstens was Gescheites drauß machen, wie weiter wird sich zeigen... Komme ich nicht allein auf diese Gedanken ist mir nicht weiter geholfen. Denn nur weil mich jemand "gut gemeint" schultert und wieder hoch ans Tageslicht trägt heißt das nicht, dass ich wieder unter den "Normalen" weile, die Gefahr gebannt ist. Wie bei deiner Mutter sieht es so aus, aber ich bin ja nicht aus eigener Motivation herausgekrochen, sondern nur damit die Anderen Ruhe geben und so wird mir jedes negative Ereignis wieder zur Ursache für den Sprung in das Loch gereichen und das Spiel beginnt von vorn. ...und wie dankbar die scheinbare "Normalität" des Trauernden angenommen wird, es ist teilweise erschreckend - ich habe feststellen müssen, dass manche Menschen aus Hilflosigkeit gegenüber des fremden Leidens, sogar agressiv werden.

Liloe, deine Gedanken sind entweder genauso konfus verstrickt wie meine oder ganz klar logisch verständlich.. Ich finde Deine Einstellung genau richtig, genau das würde mir (oder das tut es auch mit meinen Kindern) weiterhelfen. Mich nicht verstecken zu müssen ggf. mit meiner Todessehnsucht, wenn mir alles zu schwer wird, aber andererseits auch nicht rücksichtslos zu sein und meinen Kinder oder meiner Mutter, zusätzlich noch die Bürde aufzubinden, die ich selbst nicht mehr tragen kann und will. Nein - dazu liebe ich sie zu sehr, das aus dem Blick zu verlieren. Und doch habe ich die Erfahrung machen müssen, dass es Situationen gibt, die dem Angehörigen sehr viel abverlangen, vor allem ihr eigenes Ego zurückzustellen und versuchen zu verstehen. Mein geliebter Lebensgefährte, der vor siebeneinhalb Jahren an Krebs verstarb, hat mir klar und deutlich gesagt, er könne mir nicht versprechen, dass er bis zum letzten Tag kämpft, er braucht die Gewissheit, dass er gehen kann, wenn es ihm absolut zu viel wird - diese Leben... Und das habe ich verstanden und akzeptiert - natürlich was sonst?! Gibt es auch einen "Seelenkrebs"...? Mein Suizid hätte nichts mit den Angehörigen zu tun, sondern NUR mit MEINER fehlenden Kraft immer und immer wieder den gleichen Kampf aufzunehmen - ohne einen Sinn erkennen zu können und das könnte mir auch KEINER abnehmen - das liegt GANZ ALLEIN AN MIR, welcher Seite ich mich zuwende.

...und doch und nun komme ich tatsächlich zum Schluss - und doch muss ich ich Helmut zustimmen, wenn man weiß geliebt zu werden, dies spürt - dann ist viel gewonnen, wenn es ECHTE LIEBE UND FÜRSORGE ist, dann ist ein Brief, ein Telefonat 1000 mal mehr wert als tägliche "Pflichtbesuche", dann bekommt die "Lebensseite" wieder Farbe, Inhalt und wenn`s gut geht sogar Sinn. Wenn man aber spürt, der andere schaut nur auf die Uhr, sagt vielleicht noch vorwurfsvoll "was soll ich denn noch machen, ich versuch doch schon alles dass es dir besser geht...?!"... Aber so ist es ja immer mit der Liebe... diese ehrliche Liebe vermag mehr als der Verstand meint...

Das Wort zum Sonntag sprach... nein, Quatsch - ich wünsche euch allen Mut zur offenen, ehrlich kommunizierenden Liebe und die Bereitschaft sich auch einmal "die Schuhe des Gegenübers anzuziehen" und ein Stück sein Leben zu leben...

Dies sind ausschließlich MEINE GEDANKEN UND GEFÜHLE, DIE NICHT ZUR DISKUSSION STEHEN, DENN SIE SIND SO (zur Zeit) und können deshalb FÜR MICH auch NICHT FALSCH sein, auch wenn sie andere Menschen als völlig daneben empfinden mögen. Ich teile sie gern mit, um anderen Menschen einen Blick in meine Welt zu ermöglichen - wie eine Gartenschau, die man als Anregung nutzen, schrecklich finden oder/ und aber nicht 100%ig toll finden muss.

Alles Gute auf Eurem Weg - Petra

Geändert von Petra_S (24.11.2012 um 22:59 Uhr)
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