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Alt 24.09.2017, 15:00
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Kaffeetrinkerin Kaffeetrinkerin ist offline
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Standard AW: Er wird sterben...

Hallo Diana,
danke der Nachfrage... ich konnte in den letzten Tagen nicht so gut schreiben.
Manchmal habe ich ein riesiges Output-Bedürfnis und bin dann froh, dass ich hier ein Ventil finde, was loszuwerden an Gedanken. Und manchmal kann ich garnicht darüber nachdenken, was gerade passiert.
Musste was verarbeiten in den letzten Tagen und habe ein bisschen an mir gezweifelt.
Es ist so. Viele der Menschen, die mit der Behandlung meines Mannes betraut sind, haben mir deutlich gesagt oder direkt angedeutet, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, sich zu verabschieden. Tage oder wenig Zeit. Davon war die Rede. Darauf hat sich mein Kopf jetzt eingestellt und mein Herz wird das erst viel später verarbeiten. Das weiß ich. Nun weiß ich nicht, wie sehr ich das, was in meinem Kopf ist, in meinen Taten, Gesprächen etc. auch rüberbringe. Also ganz bestimmt ist es nicht so, dass ich ihm dauernd sage, du stirbst ja bald.
Aber genau das hat mir meine Schwiegermutter vorgeworfen. Sie hat das Gespräch mit mir gesucht und mir unter Tränen gesagt, dass ich doch nicht so sein könnte, ihm das dauernd ins Gesicht zu sagen, dass er bald stirbt. Das hat mich sehr sehr getroffen. Weil ich zwar Realistin bin und mich mit der Wirklichkeit auseinandersetze, aber ihn bestimmt nicht damit dauernd konfrontiere. Sie, also die Schwiegermutter, konfrontiere ich damit. Damit sie aufhört, nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Ich weiß nicht, ob das jemand verstehen kann. Aber ich kann nicht mehr dieses Auf und Ab und diese falschen Hoffnungen ertragen. Wir haben den schulmedizinischen Weg gesucht und sind ihn gegangen. Da ist er austherapiert. Da bringt es mir jetzt nur Unruhe, immer noch was bewirken zu wollen. Wenn man nur noch weiterkämpft. Und sie glaubt einfach, dass es doch noch einen Weg geben muss. Und überfällt ihn und vor allem mich damit, dass ich das probieren soll und was gegen Problem XY getan wird. Ich habe Verständnis dafür, dass es für sie auch schwer ist, die Realität zu akzeptieren. Aber sie muss auch akzeptieren, dass sie es mir als Ehefrau, sehr schwer macht, indem sie mich versucht, vor einen Karren zu spannen. Das ich irgendwas angehen soll. Da habe ich ihr deutlich gesagt, dass man es nicht mehr heilen können wird und dass man das akzeptieren soll. Und das die aktuellen gesundheitlichen Probleme eben dazu gehören wenn man stirbt. Aber da war mein Mann nicht dabei.
Sie sagte, er wäre ganz getroffen von meinen Aussagen. Das hätte sie in seinem Gesicht gesehen.
Habe nach langem Nachdenken meinen Mann befragt. Weil es mich wirklich getroffen hat. Richtig getroffen. Weil sein Übergeben ist weg. Immer noch. Und vielleicht sehe ich alles zu negativ. Aber es kommt immer ein neues Problem. Nun die dicken Beine und die heftigen Leistenschmerzen.
Mein Mann hat gesagt, ich würde alles richtig machen und ich solle ihm bloß manchmal seine Ruhe vor der Erkrankung geben. Nicht alleine davon anfangen zu sprechen. Er versuche das auszublenden. Nicht heulen, nicht thematisieren, normal sein. Okay, das kann ich einhalten.

Heute morgen war ich in der Kirche und kam nach Hause. Er lag wie tot, schlafend mit offenem Mund auf der Couch. Ich habe ihn auch nicht atmen gesehen. Habe mich sehr erschrocken und gleichzeitig gedacht, hat er es endlich geschafft? Er sieht friedlich aus.
Er hat dann aber nur geschlafen. Zum Glück haben wir heute einen weiteren Tag. Waren trotz der Symptomatik im Biergarten in der Sonne. Und jetzt sitzt er mit mir auf dem Balkon. Wählen waren wir auch schon.

Liebe Nale,
es tut mir für dich ganz furchtbar leid, dass du auch so früh Witwe geworden bist. Und dass der Horrorfilm noch nicht endet.
Bei mir ist es momentan so schlimm, weil ich es einfach kaum noch schaffe, ihn so leiden und verfallen zu sehen. Ich hoffe darauf, dass, wenn er gestorben ist, sein Leid zuende ist. Und dann hoffe ich weiterhin, dass ich die Kraft finde, wiederaufzustehen und zu leben.
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