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Alt 24.09.2017, 15:39
DianaL DianaL ist offline
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Standard AW: Er wird sterben...

Liebe Kaffetrinkerin,

weißt Du, wir waren damals auf der Palliativstation und das Ziel war, nach Hause zu kommen und weitere Therapiemöglichkeiten zu suchen. Mir war völlig klar, dass es keine gab und das die Wahrscheinlichkeit nach Hause zu kommen, winzig war.

Aber mein Mann wollte das so. Er hätte es nicht ertragen, einzusehen, dass er mit seinen 47 Jahren sterben wird, mich mit allem alleine lässt und keine Chance hat all die Dinge zu tun, die er nach der ersten erfolgreichen Therapie aufgeschrieben hat (Die Notiz habe ich gefunden, ein paar Tage nach seinem Tod.). Er konnte es nicht ertragen von der Krankheit besiegt worden zu sein. Wir haben gelebt, als wäre genau das der Weg. Demzufolge gab es auch wenig Besuche und es hat mir zum Glück auch niemand reingeredet. Es war insgesamt auch "nur" eine Woche und ich hatte kaum Zeit zum Grübeln oder Infrage stellen. Ich habe nach meinem Gefühl gehandelt, ich habe das gemacht, was für ihn am erträglichsten war. Wir waren draußen, er hat seine Runden absolviert, wir haben am Laptop gearbeitet, er hat E-Mails diktiert und wir haben gerade erarbeitetes Geld in einer Exceltabelle auf unterschiedliche Investitionen verteilt.

Seine Eltern haben sich damit abgefunden - sein Vater war Arzt und demzufolge sehr realistisch. Sie waren eine unheimliche Unterstützung.

Andere Menschen haben mir das übel genommen. Sie meinten ein Recht darauf gehabt zu haben, sich von ihm zu verabschieden und ich habe ihnen das genommen. Bullshit. Menschen, die vielleicht mal am Geburtstag angerufen haben und sonst nichts. Ich muss sagen, dass hat mich schon getroffen und später auch zum Nachdenken gebracht. Aber ich wusste sehr schnell und weiß heute umso mehr, dass genau das der richtige Weg war. Es war sein Weg und somit unser Weg.

Ich glaube Du machst das richtig. Höre auf Dich und Dein Gefühl, lass Dich nicht verunsichern und rede mit den Menschen wenn Du die Gelegenheit hast. Ich glaube Eltern die ihre Kinder verlieren, haben nochmal eine andere Art damit umzugehen.

Aber ich sehe das so: DU musst demnächst ohne ihn leben. Und das heißt nicht nur, dass er nicht mehr da ist - das ist schon schwer genug - sondern Du wirst oft über die letzte Zeit nachdenken und ich kann für mich sagen, dass wir diese Zeit so gestaltet haben wie es für uns gepasst hat, hat mir meine Trauerarbeit an vielen Stellen erleichtert.

Ich wünsche Dir viel Kraft, die Fähigkeit mit Deinem Mann zu kommunizieren, vielleicht auch ohne immer zu reden, und noch ein paar schöne Tage.

Und wenn Dir danach ist, können wir auch hier schreiben.

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