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Alt 03.10.2016, 11:25
Mym78 Mym78 ist offline
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Standard Wie und wie lange "darf" man trauern?

Hallo!

Ich weiß schon, dass meine oben formulierte Frage so natürlich "Unsinn" ist, aber ich ertappe mich dennoch bei der Frage, was ich meiner Umwelt zumuten darf.
Meine Mutter ist am 10.09. gestorben. Ihrem Tod ging eine 20 jährige Krebsgeschichte voraus, die dann etwa 3 Wochen vor ihrem Tod überraschend und leider sehr schnell dramatisch wurde. Sie lag noch 9 Tage auf einer Palliativstation, dann gingen wir ins Hospiz, wo sie nach 10 Tagen verstarb.

Hier habe ich unsere Geschichte erzählt: http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=68586

Nun ist es so, dass ich eine Woche, nachdem meine Mama verstorben war, wieder begonnen habe, zu arbeiten. Ich war immer schon sehr pflicht- und verantwortungsbewusst, zudem arbeite ich im sozialen Bereich.
Ich habe einen 4 jährigen Sohn, der an allem auch beteiligt war, den ich aber nicht zu sehr mit dem Thema belasten möchte.

Nun bin ich so irritiert über mich selbst.
Einerseits "funktioniere" ich, erledige alles Nötige, mache meine Arbeit. Gleichzeitig ist mir Vieles aber auch einfach egal, ich mache es, weil ich "muss".
Bisher habe ich nur richtig geweint, wenn ich alleine war. Im Hospiz alleine mit meiner Mutter, als diese aber schon nicht mehr richtig reagierte.
Diese Momente sind allerdings furchtbar selten.

Am Mittwoch ist meine Mutter beerdigt worden, da liefen mir zum ersten Mal auch Tränen vor der Familie, die ich bisher, zumindest hatte ich das Gefühl, immer noch mit stützen "musste". Beim Kaffee war aber schon wieder alles vorbei und ich glaube, dass meine Familie (also Oma, Vater, Bruder) mich für ziemlich abgeklärt halten. Allerdings war ich diejenige, die sich um Mama am meisten gekümmert hat und auch jetzt wieder die Verantwortung hat, einfach, weil meine Eltern getrennt waren, meine Oma zu alt ist und mein Bruder nur wenig Kontakt hatte und sehr mit sich selbst beschäftigt ist.

Am Tag des Vorgespräches mit der Pastorin habe ich mir ganz bewusst "die volle Packung" gegeben. Habe Mamas Musik gehört, war in ihrer Wohnung und habe den halben Tag geheult. Das tat gut, auch, weil es mir selbst das Gefühl gab, nicht vollkommen abgestumpft und taub zu sein.

Nun ist irgendwie wieder Alltag, nur etwas über 3 Wochen nach ihrem Tod.
Für mich ist alles noch immer so unwirklich....
Ich habe das Bedürfnis, eigentlich dauernd über Mama, vor allem die letzten Wochen reden zu wollen. Ich denke kaum an etwas anderes. Überall sind ihre Sachen (die Wohnung muss auch noch aufgelöst werden)... Aber ich habe gleichzeitig das Gefühl "jetzt muss auch mal gut sein" und mein Umfeld möchte gar nichts darüber hören. Mein Mann ist immer da, aber ich habe das Gefühl, ich müsste es allen erzählen. Immer wieder...
Ich muss dann gut aufpassen, auf eine einfache Nachfrage, wie es mir geht oder wie das mit Mama war, nicht allzu ausufernd zu werden. Von daher antworte ich dann eher sehr knapp und bleibe wieder auf der Strecke mit dem Bedürfnis, alles zu erzählen.

Am Donnerstag möchte ich im Hospiz eine Dankeskarte abgeben. Ich freue mich darauf, weil dieser Ort für mich viel mehr der Ort des Abschieds ist, als der Friedhof, weiß aber auch, dass vermutlich niemand wirklich Zeit haben wird. Es würde mir reichen, mich mit einem Kaffee in den Innenhof zu setzen, aber ich weiß nicht, ob das okay ist. Ich will mich nicht aufdrängen...

Ich weiß nicht, wohin mit meinem Schmerz... und meinen Gedanken.
Ich habe schon über eine Beratung nachgedacht und dann kommt da wieder der Gedanke "nimm dich nicht so wichtig", das was dir passiert ist, ist 1000 anderen schon vor dir passiert....

Wie seid ihr mit eurer Trauer umgegangen? Wie eure Freunde/ Familie?
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