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Alt 09.04.2010, 17:15
Antara-01 Antara-01 ist offline
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Standard AW: Meine liebe Mama, Du fehlst mir so sehr!

Liebe Julita,

ja, meine Ma hatte zwei Mal Zungenkrebs. Das erste Mal 2002. Damals sagten die Ärzte, es gäbe eine 90%ige Chance, dass er nie wiederkommt. Meine Ma gehörte keiner Risikogruppe an, hat nie geraucht, nie getrunken, immer betont gesund gelebt (hat leider nichts genutzt). Wir hatten Ende der 80er meine Oma an Krebs verloren (CUP), binnen zwei Jahren. Als der Krebs meiner Ma nach zwei Jahren noch nicht zurück war, dachten wir, wir hätten es geschafft (sehr naiv, wie ich heute weiß). 2007 war er dann plötzlich wieder da, nach exakt fünf Jahren. Tja, und dann war er nicht mehr zu bremsen. Es blieben von da ab kaum mehr 2 Jahre.

Wir scheinen wirklich viel gemeinsam zu haben, inklusive dieser 2 Jahresfristen... Was für einen Krebs hatte deine Ma denn? Wie schnell nach der Bestrahlung kam er wieder? Bei meiner Ma wuchs noch während der Bestrahlung eine Metastase. Diese erste befand sich allerdings außerhalb des bestrahlten Bereichs, sodass die Ärzte dachten, OK, Pech, aber nicht weiter schlimm. Tja, das war ein Irrtum. Die zweite Metastase kam dann mitten im bestrahlten Gebiet, nur wenige Wochen nach der Bestrahlung. Die ganze Quälerei hatte wohl nicht wirklich was gebracht. Der Krebs hatte sich davon überhaupt nicht beeindrucken lassen.

Deine Ma ist noch nicht lange fort. Du dachtest, du hättest dich jetzt schon irgendwie versöhnt mit ihrem Tod? Ich denke, das wird noch dauern. Das ist ein langer Prozess. Meine Erfahrung ist eher die, dass es die ersten Monate eine ziemliche Achterbahnfahrt ist. Mal geht es ganz gut, mal gar nicht, aber man denkt, es wird. Der richtige Tiefpunkt kommt oft erst Monate nach dem Tod. Zumindest bei mir war das so. Vom Versöhntsein bin ich noch weit entfernt. Ich weigere mich noch immer, daran zu glauben, dass all das wirklich passiert ist, dass sie wirklich nicht mehr da ist. Wenn ich daran denke, wie sie ihre letzten Atemzüge tat... Ich kann noch immer nicht begreifen, dass das wirklich passiert ist. Ich will gar nicht glauben, dass ich wirklich dabei war, einfach hilflos daneben stand, nichts tun konnte, den Tod nicht aufhalten konnte, den Krebs nicht besiegen konnte. Dass sie mir einfach so entglitten ist, jeden Tag ein weiteres Stückchen...

Ich weine heute noch viel. Jeden Tag kämpfe ich mit meinen Tränen. Heute war es sehr schlimm. Derzeit ist es schwer. Es ist Frühling, und all die Zwiebeln meiner Mutter kommen jetzt aus der Erde. Ihr ganzer Garten wird jetzt wieder grün. Jeder Zentimeter dort ein ein kleiner Teil von ihr. Den Winter über konnte ich das ausblenden, aber jetzt lacht es mich jeden Tag auf's Neue an, und ich kann nicht mehr darüber hinwegschauen. Es schmerzt jeden Tag auf's Neue.

Nun, jeder verarbeitet Trauer anders. Vielleicht verläuft es für dich ja etwas schneller und einfacher. Ich würde es dir sehr wünschen. Allerdings klingt alles, was du schreibst, sehr nach mir selbst. Wir werden uns wohl auf eine längere "Trauerphase" einrichten müssen.

Viel Kraft und fühle dich ganz lieb umarmt!

Yvonne
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Mama 21.11.1941-09.08.2009 (Zungenkrebs)
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