Einzelnen Beitrag anzeigen
  #7  
Alt 29.11.2005, 21:37
sonja.schuster sonja.schuster ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 30.10.2005
Ort: Überlingen
Beiträge: 50
Standard AW: Wann kommt der Schmerz???

Liebe Nicole,
liebe Peggysue,

wie auch schon die anderen hier im Forum möchte ich Dir sagen, daß jeder Mensch mit Trauer anders umgeht, es gibt keine allgemein gültige Formel dafür. Mein Papa ist am Freitag nachmittag (25.11.2005) für immer gegangen, er hat wie Dein Vater sehr gelitten und es war eine Erlösung von unsäglichen Schmerzen und mehreren Operationen. Wir hatten auch wirklich Glück, daß auf der Intensivstation im Krankenhaus Singen alle sehr lieb mit Papa und uns umgegangen sind, trotz der ganzen Apparatemedizin. Ich habe während der letzten Wochen mehr geheult als jetzt, weil ich irgendwie auch dankbar bin, daß er friedlich einschlafen durfte und er uns noch mit den Augen gesagt hat, daß alles in Ordnung ist und er jetzt gehen wird. Er konnte nicht mehr sprechen und trotzdem haben wir ihn verstanden. Er war 72 Jahre alt, aber es immer zu früh, einen geliebten Menschen zu verlieren. Auch ich habe jetzt als einziges Kind sehr vieles zu erledigen und das lenkt auch ab. Ich kann aber auch losheulen, auch vor fremden Leuten, es stört mich einfach nicht, was andere von mir denken. Ich tue nicht das, was vielleicht von mir erwartet wird, sondern daß, was ich im Inneren fühle, was mir mein Bauchgefühl sagt - und bisher bin ich damit immer gut zurecht gekommen. Du darfst nicht verzweifeln, daß Du solche Gedanken und Gefühle hast, es ist vollkommen in Ordnung - wichtig ist nur, was Du in Dir drinnen fühlst und denkst!

Mir hat während der schrecklichen Krankheitszeit meines Vaters das Forum und die lieben Menschen hier sehr geholfen, vor allem der Austausch im Chat. Ich bin dankbar dafür, daß ich diese Möglichkeit nutzen kann und werde sicher auch weiterhin hier Trost und Verständnis suchen.

Du bist noch jung und hast Familie, es wird erwartet, daß Du "funktionierst", sicher trägt dazu bei, daß Deine Kinder noch klein sind und Du denkst, sie verstehen es noch nicht. Ich glaube, gerade kleine Kinder sind in dieser Beziehung sehr sensibel und Deine Kinder spüren bestimmt, wie unglücklich Du bist. Auch unsere kleine Enkelin, sie ist jetzt 2 1/2 Jahre alt, ist ansonsten ein richtiger Wirbelwind, hat immer sehr sensibel reagiert auf die Krankheit ihres geliebten Uropas und war dann besonders "brav", so lange er noch zuhause lag. Jetzt weiß sie, daß ihr geliebter Opa im Himmel ist und sie spürt sehr wohl, daß wir alle traurig sind und mit ihren kleinen Gesten und ihrem Kinderlachen nimmt sie uns Erwachsene mitsamt unseren Tränen.

Vielleicht hilft es Dir, einmal alleine mit einer bestimmten Musik oder einem Bild von Deinem geliebten Papa Dich zurückzuziehen und Dich selbst zu sein. Ich kann z.B. in der Badewanne unendlich traurig sein und anschließend geht es mir viel besser. Es ist gut, daß wir unseren Vätern gezeigt und gesagt haben, daß wir sie lieb haben, wir haben wirklich keinen Grund irgendwelchen verpassten Gelegenheiten etc. nachzuweinen. Mache Dir nicht so viel Gedanken, was andere über Dich denken oder von Dir erwarten. Lebe einfach Dein Leben - Dein Papa würde Dich jetzt bestimmt in den Arm nehmen und trösten!

Ich hoffe, daß es Dir ein wenig hilft und tröstet und Drücke Dich ganz fest


Sonja Schuster
Mit Zitat antworten