Thema: Raus damit!
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Alt 23.12.2017, 13:53
Papstanwärter Papstanwärter ist offline
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Standard AW: Raus damit!

Liebe Mitstreiter,

einen Tag vor Heiligabend und einen Tag nach der ersten Folfox-Gabe will ich doch nocheinmal etwas zum Besten geben.

Das Jahr 2017 können wir getrost abhaken unter der Rubrik "braucht kein Mensch!"
Einen Tag vor der neuen Therapie der Anruf vom Tierarzt: ihr Katze ist leider gerade vollkommen überraschend gestorben! Ausgerechnet der letzte Kuscheltiger hat uns verlassen. Als wenn wir nicht schon genug Ballast mit uns herumtragen! Wanja hat es sehr schwer getroffen. Schon beim letzten gemeinsamen Gespräch mit dem Psychoonkologen wurde ja überdeutlich,
das die Angst, alles geliebte (die Katze im letzten Jahr, die zweite auch schwer krank und meine Wenigkeit, nicht gerade vor Gesundheit strotzend) nach und nach zu verlieren, wie ein Damoklesschwert über dem Kopf hängt.
Schrittweise treten diese Befürchtungen jetzt ein...Und ich bin derart hilflos

Das Oxaliplatin macht sich in meinem Körper bemerkbar. Das unangenehme Kälteempfinden an den Händen und im Gesicht ist, zwar in abgeschwächter Form, doch immerhin schon wieder vorhanden. Gestern nach der Rückfahrt von der Klinik habe ich den Rest des Tages flachgelegen. Bauchschmerzen, Übelkeit und Mattigkeit haben mich nicht motivieren können, Bäume auszureissen.
Auch Avastin stand ja das erste Mal auf der "Speisekarte". Inwieweit das für die Nebenwirkungen verantwortlich war: keine Ahnung. Ich tröste mich meist mit: wenn es mir körperlich nicht so gut geht, wird es dem ungebetenen Untermieter auch nicht besser gehen! Fragt sich, wer den längeren Atem hat.

Der Leberbiopsie, die nun schon am 28.12. stattfinden soll, sehe ich immer noch mit gemischten Gefühlen entgegen. Manchmal kann ich über mich selbst nur den Kopf schütteln... so viele schwere OP´s, kleinere Eingriffe und dann so einen Bammel vor einem kleinen, aber langen Pieks. Wäre ich noch Soldat, könnte ich an einem Krieg wohl nur unter Vollnarkose teilnehmen

Bereits nach der ersten Darmoperation wurde das Tumorgewebe auf Gen-Mutationen untersucht. HNPCC wurde ja ausgeschlossen, von anderen evtl. Ergebnissen weiß ich nichts.
Heidelberg will die neuen Proben wohl daraufhin testen, ob neue Medikamente, die vielleicht noch nicht zugelassen sind, im Rahmen einer Studie angewandt werden können. Interessant fand ich das Begleitschreiben, indem ich mich verpflichtete, die "Rechte an den Ergebnissen der Gewebeuntersuchungen" abzutreten... Ich könnte ja ohnehin nichts damit anfangen. Und wenn es zur weiteren Forschung, auch kommerziell, genutzt wird: bitte schön. Wenn vielleicht nicht mir, aber so doch anderen Menschen damit geholfen werden kann, kann ich ja ruhig ein paar Zellen abgeben.

Ich muß im Nachhinein gestehen, das ich viel zu lange hier in der "provinziellen" Onkologie geblieben bin. Ich fürchte, der Wechsel zum UKE im März dieses Jahres war viel zu spät. Hätte ich diesen Schritt nicht getan, würde ich heute vermutlich mangels Lebens nicht mehr schreiben können. Die einzige "Therapie" war ja vorgesehen mit der Einnahme von Xeloda-Tabletten. Das empfinde ich heute wie die Bekämpfung eine Panzers mit Papierkügelchen.
Manchmal glaube ich allerdings auch, zu blauäugig an die ganze Sache gegangen zu sein. Warum z.B. kommen die Ärzte erst jetzt darauf, Gewebeproben tiefergreifend zu untersuchen? Jetzt, wo so langsam die Felle schwimmen gehen?
Ist es eine Kostenfrage? Oder hat es psychologische Gründe, die den Patienten vielleicht bei Laune halten sollen sich weiter und immer weiter therapieren zu lassen?
Möglicherweise werde ich niemals eine Antwort auf diese Fragen erhalten.

Natürlich habe ich mir auch Gedanken gemacht: wie weit willst du gehen? Ich bin für mich zu dem Entschluss gekommen, die Nebenwirkungen, gerade des Oxaliplatins, genauestens abzuwägen mit dem zu erwartenden Nutzen. Wenn es die letzte Lösung ist, dann kann ich es nicht ändern wenn ich sie abbrechen muß.
Da kann ich Thomas nur beipflichten: Lieber ein Schrecken mit Ende als ein Schrecken ohne Ende. Wobei "ohne Ende" ja schon wieder an der Realität vorbei geht...
Wenn schon keine gesundheitliche Verbesserung eintritt, dann nicht auch noch unerträgliche Nebenwirkungen. Das Ziel, Skandinavien im April/Mai/Juni gilt es noch zu erreichen und zu erleben. Was danach passiert, liegt nicht in meinem Ermessen.

So, jetzt ist aber auch genug tiefsinniges Geschwafel aus der symbolischen Feder geflossen.

Ich wünsche Euch allen (peregrina, XAP, Dude42, zebra01, Kaffeetrinkerin, Elisabeth. und alle anderen, die mir bitte verzeihen wenn ich sie nicht namentlich aufliste) ein besinnliches, friedliches und vor allem schmerzfreies Weihnachtsfest.
Kommt ebenso gut in das neue Jahr 2018, das hoffentlich nur die besten Wünsche in Erfüllung gehen lässt.

Ich bin so froh und dankbar, Euch alle zu haben.

Im nächsten Jahr geht es weiter, auf dieser Bühne, in diesem Theater.

LG

Ralf

Geändert von Papstanwärter (24.12.2017 um 09:40 Uhr)