Thema: Es tut so weh
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Alt 18.06.2005, 13:18
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Standard Es tut so weh

Hallo Kerstin,

freut mich, daß ich dich zum kichern gebracht habe! Aber is sich SERIÖSE Diagnose! Nix internet-fragebogenmässiges. Allerdings musste ich hinwiederum bei deiner Idee, was meine Mutter dazu sagen würde, herzhaft lachen. Meine Mutter hat ein Selbstbild, das wahnhafte Züge trägt!

Also das mit der Persönlichkeitsstörung stützt sich auf die Kriterien des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, das sind die Diagnosekriterien der Amerikanischen Gesellschaft für Psychiatrie.
Ich zitiere (meine nicht sehr elegante Übersetzung):

"Menschen mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung haben ein übersteigertes Gefühl ihrer eigenen Wichtigkeit. Sie halten sich für besondere Menschen und erwarten, besonders behandelt zu werden. Sie können keine Kritik vertragen und werden wütend, wenn jemand es wagt, sie zu kritisieren. Sie wollen ihre eigenen Vorstellungen durchsetzen...Ihre Beziehungen zu anderen Menschen sind fragil, und sie können andere in Rage bringen, weil sie sich weigern konventionelle Verhaltensregeln einzuhalten. Sie sind unfähig, Mitgefühl zu zeigen und schützen Sympathie nur dann vor, wenn es ihren eigenen Zwecken dient. Oft nützen sie andere aus.
Ihr Selbswertgefühl ist fragil und sie neigen zu Depressionen. Zwischenmenschliche Probleme, Zurückweisung und Probleme am Arbeitsplatz sind einige der Stressfaktoren, die Narzissten gemeinhin durch ihr Verhalten produzieren - Stressfaktoren, mit denen sie gleichzeitig am wenigsten umgehen können..."

Diagnosekriterien (5 von 9 müssen erfüllt sein)

- reagieren auf Kritik wütend oder ignorieren sie
- benützen andere Personen, um ihre eigenen Ziele zu erreichen
- haben einen übersteigerten Sinn dafür, wie wichtig sie sind
- glauben, daß ihre Probleme einzigartig sind und nur von anderen einzigartigen Personen verstanden werden können
- haben unrealistische Ideen in Bezug auf Macht, Erfolg, ideale Liebe, Schönheit...
- denken sie sollten bevorzugt behandelt werden
- fordern ständige Aufmerksamkeit und Bewunderung
- haben keinerlei Gespür für die Gefühle anderer
- haben Neidgefühle

Also Nr 5 und 9 treffen auf sie nicht zu, dafür hat sie noch drei von der paranoiden Seite:

- stellen ohne Grund die Loyalität und Vertrauenswürdigkeit von Freunden und Bekannten in Frage
- vergessen und/oder vergeben kein Unrecht, das ihnen (vermeintlich) zugefügt wurde
- sind schnell beleidigt und reagieren mit Ärger oder Gegenangriff

Also ich denke durchaus, daß meine Diagnose hieb- und stichfest ist.

Oh, und noch was sehr ausgeprägtes: Meine Mutter ist nie an etwas schuld und trägt für nichts die Verantwortung. Das sind immer die anderen.

Was ich für meine Mutter selbst am schlimmsten finde, ist das nicht vergeben und nicht vergessen können. Dazu lebt sie praktisch nur in der Vergangenheit und hat sich irgendwie finde ich ihr ganzes Leben vermiest.
Ich selbst habs mir übrigens bei ihr versch... als ich 18 war. Das hat sich erst kürzlich ganz deutlich rauskristallisiert. Ist, genau bedacht nicht mal verwunderlich, denn damals habe ich mich ihrer Machtsphäre entwunden. Aber egal, wie lange sie lebt und egal was ich tue: sie wird nicht vergessen und vergeben.

Interessant fand ich die Bemerkung, daß Narzissten sich durch ihr eigenes Verhalten genau die Probleme schaffen mit denen sie am wenigsten umgehen können.
Rückblickend weiß ich jetzt auch, daß wir dafür sehr früh einen Instinkt entwickelt haben müssen in unserer Familie. Sie wurde immer mit Samthandschuhen angefasst und, wie schon erwähnt, wenn sie einen ihrer hysterischen Anfälle hatte (die Ursache war sehr oft ein Missverständnis ihrerseits) sind wir stundenlang zu Kreuze gekrochen. Hätten wir das nicht getan, hätte sie wohl schon lange keinen Kontakt mehr zu uns.
Allerdings habe ich mich in der Zeit kurz vor dem Tod meines Vaters (da ist sie quasi zu Hochform aufgelaufen) öfter gefragt, ob wir nicht früher ab und an die Samthandschuhe ausziehen hätten sollen.
Aber sie ändert sich nimmer, und wir werden ähnlich weitereiern....

Hallo Briele, der Satz, den du zitiert hast ist sehr gut und von bestechender Einfachheit.
Und gestern abend hab ich ja auch schon mal in Alinas Küche rumgepfuscht und versucht, euch mit meinen bestenfalls rudimentären Computerkenntnissen zu beeindrucken.
Danke für die Buchtips. Von Margret Forster habe ich "Komm, wir fahren in die Highlands" gelesen, kennst du bestimmt auch, hat mir sehr gut gefallen. Und von Marilyn French "The Women's Room", weiß leider nicht, wie das auf deutsch heißt, ist auch schon ewig her.
Da empfehle ich jetzt einfach auch eins: "Solomon's Lied" von Toni Morrison. Freu mich immer über Buchtips, leider haben meine wenigen lesenden Freunde sich fast ausschliesslich auf Krimis verlegt. Les ich zwar auch gern, aber nicht
nur.
Als ich 'junge' Frauen las, musste ich grinsen. Hey, ich bin nicht viel jünger als du.
Schön wenn du hierbleibst, noch schöner wenn du hier schreibst, aber das machst du ganz wie du willst. Und mütterliche, schwesterliche und sonstige Umarmungen werden immer dankend angenommen.

So, das reicht jetzt erstmal.

All ihr Lieben, ich wünsche euch ein wunderschönes Wochenende!
Bis zur nächsten Couch-'Sitzung

Ingrid


Übrigens, Kerstin: ich weiß, daß du deinen Bruder und deine Mutter einladen wirst zum Richtfest. Und wenns mit Zähneknirschen ist ;-)
Aber von deiner Mutter Begeisterung zu erwarten, oder daß sie dich lobt oder sich für dich freut? Hm, ist das realistisch?
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