Thema: Und nun?
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Alt 04.10.2005, 21:54
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Lady Molly Lady Molly ist offline
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Registriert seit: 01.05.2005
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Standard AW: Und nun?

Liebe AndreaM (und alle Mitleser),

du tritts mir nicht zu Nahe. Ich möchte einen ehrlichen Austausch und freue mich über Anregungen, neue Denkanstösse.

...auch jemand mit so viel Kraft wie Du hat das Recht schwach zu sein...
Ich glaube da liegt wirklich das Problem, denn nachdem ich mich gestern hier ausgeschrieben habe geht es mir erheblich besser. Natürlich auch, weil ich so viele liebe Antworten bekommen habe.

Aber ich bin ehrlich und sage auch, wenn es mir schlecht geht.
Nur, wenn ich zum Telefon greife und mir erst lange anhören muss, das die Geschäfte schlecht gehen, das der Partner wieder mal blöd ist, das man eine Erkältung hat... Ich habe dann keine Lust mehr zu unterbrechen und zu sagen das ich nicht weiss warum mein Drucker spinnt und deshalb gerade zusammen breche, denn an solchen Dingen fällt mir gewaltig auf das mein Mann nicht mehr greifbar bei mir ist.
Ich bitte direkt um eine bestimmte Hilfe und weiss schon im voraus die Antwort. Mal sehen, also jetzt geht es nicht, morgen muss ich zum Zahnarzt (wahrscheinlich den ganzen Tag), vielleicht geht´s nächste Woche?
Wer gibt dann nicht nach einiger Zeit auf?

Ich weiss nicht, ob jemand mich versteht, es geht nicht unbedingt um die Schulter zum ausweinen über meinen Verlust, sondern was dieser Verlust praktisch bedeutet. Mit dem Verlust kann ich umgehen, ihn annehmen, aber nicht damit das viele davor weg gelaufen sind und nun noch weg laufen.
Ob sie mir nun ausweichen, nur weil ich 5 Minuten ihrer kostbaren Zeit brauche um mal eine für mich unerreichbare Schraube festzuziehen oder ob ich mit den üblichen Sprüchen abgespeist werde. Habe ich wirklich mal das Gefühl mir hört jemand zu, merke ich das ich mit meiner Offenheit ziemlich schnell an Grenzen stosse.
Wie kann ich auch nur über meinen Mann reden und nicht heulen, sondern seinen Humor hervor heben? Wie kann ich Ironie in manchen dieser traurigen Dinge entdecken? Und ganz dreist, wie kann ich mich denn trauen zu sagen das es gut war das wir nur vier Monate mit der Diagnose hatten?
Als wenn es besser gewesen wäre er hätte länger gelitten, immer die Angst im Nacken ob der heutige Tag der Letzte ist?
Ich habe es mit anpassen versucht, aber das kann ich nicht und warum soll das bißchen ICH was von mir übrig geblieben ist denn für diese Menschen verbogen werden?
Ich war an der Seite meines Mannes, ich habe alles mir mögliche getan und nun soll ich mich dafür entschuldigen das ich nicht so bin wie alle erwarten? Dann hätte ich in den vier Monaten nichts gelernt.

Ich bin wütend, weil niemand nach den Kindern fragt. Wird von einem 8 Jahre altem Jungen erwartet er geht auf die Menschen zu und holt sich Hilfe?
"Hallo, mein Papa ist tot und ich würde gerne mit dir Fußball spielen, denn ich fühle mich so einsam." So etwa?
Am Anfang kam manchmal die Frage... und die Kinder? Ich habe immer ehrlich geantwortet das ich nicht weiss was mit ihnen los ist und wie sie reagieren würden. Teilweise weiss ich es immer noch nicht, aber alle vier können reden, warum werden sie nicht selber gefragt?

Hm, sollte nun noch jemand verstehen was ich geschrieben habe, bitte kann er es mir dann erklären? :-)

Aber das ist nun das wirkliche Problem, aus wir bin ich geworden, ich bin nur halb und trotzdem doppelt, denn mich gibts als Susanne der es wirklich gut geht, die ihren Verlust annehmen kann, die ausreichend Kraft für alles hat und davon abgeben kann ohne Ende. Dann gibts aber auch die Susanne die überhaupt nichts weiss, die keinen Weg sehen kann, die am liebsten nie wieder etwas tun möchte.

Wenn ich wieder beide Teile vereinen kann, denke ich werde ich mit den anderen Dingen auch wieder besser fertig und weiss auch wieder was ich will, auch wenn es nie wieder wie vorher sein wird.

Ich bin froh und dankbar über eure Antworten. Auch wenn ich mir teilweise selber widerspreche, ihr helft mir wirklich. Es erleichtert unheimlich Gedanken aufzuschreiben und ein Echo zu bekommen.

Und nun gehe ich Harry Potter lesen und versinke in seiner Zauberwelt.

Alles Liebe,
Susanne
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