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Alt 18.01.2006, 08:35
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AndreaS AndreaS ist offline
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Registriert seit: 09.02.2005
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Standard AW: Zwei Jahre Kampf

Lieber Gerhard,

sei bitte nicht so streng

Ich glaube nicht, dass Wolke jemanden "verurteilen" möchte. Sie selbst hat ja auch geschrieben, dass sie sich über ihre Gefühle zunächst gewundert hat, weil eben der große Absturz ausgeblieben ist bisher. Es gibt ganz einfach Unterschiede in der Trauer, so wie es immer und überall Unterschiede zwischen den Menschen gibt, warum sollte es bei der Verarbeitung eines Verlustes anders sein.

Ich weiß zwar nicht, wie alt Wolke ist, unterstelle jetzt einfach einmal, dass sie bereits ihren eigenen Hausstand hat, die räumliche Trennung irgendwie bereits vollzogen war.

Es ist ein Unterschied, ob der Tod eines Menschen Veränderung in den Alltag bringt, wie bei uns Ehepartnern, die alleine zurückbleiben und mit dem geliebten Menschen auch die geliebten Gewohnheiten im Alltagsleben verloren haben und nun beginnen müssen, neu zu sortieren, neue Wege zu gehen ja sogar sich selbst neu zu definieren.

Die Mutter oder den Vater zu verlieren ist schrecklich, man hat nur einmal im Leben eine Mama oder einen Papa. Das ist ganz klar. Dennoch ist es im Normalfall so, dass man sich irgendwie - auch wenn man nach wie vor guten Kontakt, ein gutes Verhältnis hat - von seiner Vergangenheit verabschiedet, da die Eltern in der Gegenwart nicht mehr denselben hohen Stellenwert haben wie in der Kindheit. Beim Partner zerbricht das Jetzt und Heute. Vielleicht erklärt das, weshalb die Trauerlöcher bei Ehepartnern ganz einfach eine größere Angriffsfläche haben.

Meine Kinder leiden sehr unter dem Verlust ihres Papas. Und dennoch ist ihr Schmerz anders, bleiben sie in ihrem normalen Alltag, sprich Schule und Freundeskreis.

Wenn sich die Trauerlöcher auftun, denke ich hat niemand die Kraft sich dagegen zu wehren. Aber jeder sollte irgendwie auch im Hinterkopf behalten: Ok, ich brauch diesen Schmerz jetzt, ich möchte ihn fühlen, er gehört im Moment zu mir, aber ich möchte irgendwann damit zurecht kommen, damit ich weitergehen und meinen "Job" erfüllen kann.

Du möchtest im Augenblick noch nicht Gerhard, ich denke für eine Weile ist das auch noch legitim und ok. Und Wolke spürt es (noch) nicht. Alles hat seine Berechtigung, keiner macht etwas besser oder schlechter. Jeder muss es so annehmen und versuchen klar zu kommen, wie es sich gerade anfühlt.

LG
Andrea
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