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Alt 16.07.2008, 12:47
Annika0211 Annika0211 ist offline
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Registriert seit: 06.02.2008
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Standard AW: Ich schaffe es bald nicht mehr....

Liebe Wusta.
Ich finde mich in deinen Beiträgen auch wieder.
Die Details spare ich mir jetzt, die sind den meisten hier aus eigener Erfahrung bekannt.

Ich konnte mich direkt nach Papas Tod durch meinen eigenen Umzug und die zu erledigenden Formalitäten für meine Mama dermaßen ablenken, dass ich meine Trauer direkt verdrängt habe.
Vor ca. 2 Monaten kam sie raus, ich hatte immer mal ein Tief, war auch sehr launisch (bin ich immer noch) und verzickt sowieso (wie Ela auch schon schrieb).
Ich weinte, wenn ich weinen wollte, ließ meinem Ärger Luft, auch wenn es ungerecht war und sowieso die falschen Leute traf.
Ich ärgerte mich über mich selbst - aber warum nur?

Ich bekam nicht die Ruhe, nach der ich mich sehnte.
Ich "musste" jeden Tag zu Mama - natürlich wollte ich das auch, ich tat es freiwillig, aber es war auch irgendwie eine Pflicht.
Ich wurde immer "kälter" vom Gefühl her, konnte mit Mama nicht mehr viel Lachen, saß mit ihr meine Zeit ab und freute mich, wenn ich zuhause meine Tür zuschlagen konnte.
Nach einem kürzlichen Knall - ausgelöst durch "Du willst schon gehen?" oder "Es donnert. Du gehst ja jetzt noch net heim!!!! ? (Fragezeichen erst später!!) - hab ich wieder klar gesehen und meine Mama verstanden.
Ich sagte ihr, dass ich nicht ihr Entertainer sei, ich hätte auch noch mein Leben mit meinem Schatz, ich bräuchte auch meine Ruhe, mein Zuhause, möchte auch wieder mal mein Ding durchziehen...
Und nach meiner Ansprache ließ sie raus, dass sie gerne wegfahren möchte. In Kur oder mal ne Woche woanderst hin, auf ein Schiff, ans Meer oder so. Mit einer Freundin, einem Club etc.
Aber sie braucht noch etwas Zeit, sie hat das alles noch nicht soweit verarbeitet, dass sie dafür bereit wäre.
DAS ist bei mir angekommen und ich hab mich sofort schlecht gefühlt, weil ich so unsensibel reagiert habe und ihr quasi vorwarf, sie würde sich auf meinen Besuchen ausruhen.
Sie soll alle Zeit der Welt haben - sie hat über 40 Jahre einen geliebten Menschen an der Seite gehabt, von dem sie sich langsam verabschieden musste... sie hat erlebt, wie Papa war, welche Kraft und Tapferkeit er hatte... und ich glaube, er ist ihr Vorbild auf ihrem Weg in die Senioren-Selbstständigkeit.

Sie will ihr Leben leben, es gestalten, noch viele Dinge unternehmen. Sie wird bald 78 und ist noch fit, vesorgt sich und das große Haus, mein Schatz, sie und ich machen den Garten.
Regelmäßig geht sie in die Seniorengruppe, shoppen, trifft sich mit Freundinnen oder alten Bekannten zum Kaffee, macht Besuche, geht in die Gymnastik oder lädt sich auch mal Leute ein.
Und ich nehme mir teilweise 2x die Woche "frei" - fahre direkt aus dem Büro nach Hause oder gar nicht erst zu ihr.
Und das ist ok. Danach fahre ich gerne zu ihr, wir reden, machen Scherze, lachen laut zusammen, unternehmen was und ich bin gelöster.

Es ist eine schwere Zeit. Nicht nur für uns Kinder, die ihren Papa/ihre Mama verloren haben - besonders schwer ist es nochmal für den übrig gebliebenen Partner, der seine Seite jahrelang an der des/der Verstorbenen sah. Mamas Leben geht weiter - sie weiß es und sie will es auch.
Und ich habe eingesehen, dass ich meine Zeit brauche, ihr das auch sagen kann - und das sie meine Unterstützung braucht, die ich ihr auch gerne gebe.
Nur nicht mehr unter jeder Bedingung, denn sie wird langsam selbstständiger und das fördert und fordert sie.

Du hast ja auch schon Klarheit geschaffen.
Bleib bei deinem gesunden Quäntchen "Egoismus", damit das Leben für dich auch wieder lebenswert und genießend sein kann. Ich empfinde es langsam immer mehr so.
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Alles Liebe.
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Papa, für immer in meinem Herzen - 31.12.2007

Geändert von Annika0211 (16.07.2008 um 12:50 Uhr)
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