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Alt 10.12.2003, 14:42
Gast
 
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Standard Angst aber auch Hoffnung

Hallo Heino, Rudolf, Ulrike und Jürgen,

erstmal möchte ich euch ganz herlich danken, dass ihr mir so schnell und so umfangreich geantwortet
habt. Es ist in einer solchen Situation wirklich sehr hilfreich, sich mit anderen Betroffenen bzw. deren Angehörigen auszutauschen.
Ich werde mich hier im Forum in Zukunft "Uli" nennen, da dies ansonsten auch mein Spitzname ist.
Ich versuche nun mal, die Geschichte meiner Mutter zu schildern. Angefangen hat alles vor genau einem Jahr. Sie verspürte seit ca. 2 oder 3
Monaten zuvor öfters mal Schmerzen in der rechten Flanke, die sie aber auf etwas anderes wie z. B.
durch Verschleiß der Knochen etc. zurückführte. Als sie dann aber beim Hausarzt einen Routine-Check-up machen ließ, stellte man den schon riesigen Tumor, in einer Größe von 12 cm fest. Alles deutete sofort darauf in, dass es ganz klar
ein Nierenzellkarzinom ist. Sie wurde daraufhin mit den CT-Bildern vom hiesigen Krankenhaus nach Trier ins Brüderkrankenhaus geschickt. Dort sah man sich die Bilder an und teilte ihr mit, ohne noch irgendwelche weiteren Untersuchungen zu machen, sie könne nach Hause gehen und solle sich noch ein paar schöne Tage machen, sie könnten in ihrem Fall nichts mehr tun. Dies war natürlich erstmal ein riesiger Schock. Doch mit dieser Meinung gaben wir uns nicht zufrieden und gelangten daraufhin an die Uni-Klinik in Düsseldorf. Sie wurde dort zwei Tage lang untersucht und zwar auch dahingehend, ob sich noch Fernmetastasen gebildet haben. Dies war Gott sei Dank nicht der Fall und die Professoren entschieden sich deshalb für eine Operation. Jedoch war klar, dass es eine ganz schwere Operation werden würde, weil der Tumor schon u. a. derart mit Leber und Zwerchfell verwachsen war.
Es folgte dann eine 8-stündige Operation, die meine Mutter aber sehr gut wegsteckte und schnell wieder fit wurde. Bei der OP wurde die rechte Niere, ein Teil von der Leber und des Zwerchfells entfernt. Es hieß, dass soweit alles entfernt werden konnte, was man während der Operation makroskopisch gesehen hat, jedoch blieb wohl ein kleiner Rest zurück, welcher direkt an einem Muskel lag.
Das Ergebnis aus der Pathologie ließ bis zu 2 Wochen auf sich warten, und dann kam heraus, dass sie den entfernten Tumor einfach nicht definieren können. Dazu muss ich noch folgendes schreiben, und zwar hatte meine Mutter vor 7 Jahren schon einmal bösartige Krebszellen in der Gebärmutter, wurde damals total-operiert, bekam noch ein paar Bestrahlungen und man sagte ihr, sie bräuchte sich keine Sorgen zu machen, dass da nochmal etwas auftreten kann.
Also der jetzige Tumor kann nicht richtig eingeordnet werden, es soll aber angeblich mit dem Krebs von vor 7 Jahren etwas zu tun haben und nicht der klassische Nierenkrebs sein. Klar ist auch, dass es ein sehr schnellwachsender, aggressiver Krebs ist.
Nachdem sich meine Mutter von der Operation erholt hatte, bekam sie eine Chemotherapie ich glaube mit den Mitteln Navelbine/Gemzar, die dann aber nach dem zweiten Mal abgesetzt werden musste (wegen zu schlechter Blutwerte) und dann umgestellt wurde auf ein anderes Mittel, welches sie besser vertrug, aber wie die Ärzte sagten, wäre das erstere Mittel, welches sie nicht vertrug, wohl wirksamer gewesen. Nun machte sie dann über mehrere Monate die Chemo und bei den anschließenden Untersuchungen kam heraus, dass dieselbe nichts gebracht hat, im Gegenteil der Tumor ist schon wieder stark gewachsen. Dann hieß es, sie soll bestrahlt werden. Ungefähr nach der Hälfte der angeordneten Bestrahlungen wurde nachgeschaut und festgestellt, dass diese auch nichts bringen und der Tumor weiter wächst.
Daraufhin wurde meine Mutter nochmals in Düsseldorf vorstellig und man prüfte wieder, ob eine nochmalige Operation möglich sei. Die Untersuchungen haben wiederrum ergeben, dass sie keine Fernmetastasen, wie z. B. in Lunge, an den Knochen oder im Kopf hat. Dann hörte sich auch alles danach an, als dass eine erneute OP durchgeführt wird und wir hatten uns schon alle darauf vorbereitet. Jedoch nach nochmaligen mehreren Beratungen der Professoren, Ärzte, Gefässchirugen etc. untereinander kamen sie dann letztlich zu dem Schluss, dass einfach nicht mehr operiert werden kann. Der Tumor muss dieses Mal noch viel schlimmer mit anderen Organen verwachsen sein wie vor einem Jahr. Der Hauptgrund dass die OP nicht durchgeführt werden kann, sei der Zwölffingerdarm der auch direkt betroffen ist. Man könne ja schon viele Organe verpflanzen, aber mit dem Zwölffingerdarm sei dies nicht möglich und ohne diesen könnte man auch nicht leben. Des weiteren befindet sich an der Stelle auch noch irgendeine Vene, die die OP hätte auch schwierig werden lassen.
Ich persönlich denke, dass sich die Ärzte dort mit dem Fall jetzt ja schon zum zweiten Mal sehr viel Mühe gemacht haben, und sie auch sehr gewissenhaft sind. Sie hätten ja auch genausogut sagen können: Naja, machen wir es einfach, entweder geht es schief oder nicht.
Nun haben sie daraufhin meiner Mutter als quasi letzte Möglichkeit die Immunchemo angeboten, die sie seit Anfang letzter Woche begonnen hat. Die ersten 3 Tage war sie dafür noch in der Uniklinik, wurde aber dann mit einem Plan nach Hause geschickt um es dort selbst durchzuführen.
Anfang dieser Woche wurden die Nebenwirkungen schon so heftig, da sie auch, was ja während dieser Therapie ganz wichtig sein soll, zu wenig Flüssigkeit zu sich nehmen konnte (absolutes Übelkeits- und Ekelgefühl sowie Erbrechen). Sie konnte auch nur sehr wenig essen. Deshalb ist sie Anfang der Woche fast kollabiert und wir haben sie ins hiesige Krankenhaus gebracht, damit sie dort Flüssigkeit durch Infusionen bekommt. Mittlerweile geht es ihr schon wieder etwas besser, sie hat zwar nochmal gebrochen und muss heute wieder spritzen aber ich hoffe, dass es nicht nochmal zu schlimm wird. Ich denke wenn, dann muss sie halt immer mal zwischendurch ins Krankenhaus. Ich finde sowieso dass es eigentlich eine Zumutung ist, diese Therapie alleine zu Hause durchzuführen.
Bei meiner Mutter kommt noch hinzu, dass der Tumor, der mittlerweile schon wieder einen Durchmesser von 10 cm hat, ihr seit ca. 2 Monaten schlimme Schmerzen bereitet, welche mit einem Schmerzpflaster und Tropfen behandelt werden.
Wenn dieser Krebs ja kein Nierenkrebs sein soll (stimmt es, dass Nierenkrebs eher langsam wächst?)
was soll dann diese Therapie mit Interferon und Interleukin bringen? Andererseits ist es ja beim Nierenkrebs so, dass dort auch keine normale Chemo und Bestrahlungen anschlagen und es keine Tumormarker gibt. Dies alles war ja bei meiner Mutter auch der Fall.
Es ist schon alles zum verzweifeln und meine Mutter selbst sagt, dass diese Therapie das letzte sei, was sie noch versucht um den Krebs zu bekämpfen. Die Therapie soll erstmal 8 Wochen gehen und danach soll nachgeschaut werden, ob es etwas bringt.
Ich habe halt auch Angst, dass der Tumor jetzt rasend schnell immer größer wird und es dann sowieso bald alles vorbei ist. Auf der einen Seite hat sie das Glück, dass keine Fernmetastasen vorhanden sind und auf der anderen
Seite das Pech, solch einen undefinierbaren aggressiven Krebs zu haben.

Nun habe ich aber genug geschrieben, sonst werdet ihr mit Lesen gar nicht mehr fertig.
Ich freue mich, nochmal von euch zu hören und wünsche euch allen alles, alles Gute!

Uli
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