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Alt 30.07.2014, 09:01
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Zitat:
Zitat von hermannJohann Beitrag anzeigen
Er kommt immer mal wieder und dann frage ich mich nach dem Sinn.
Moin Hermann,

genau so, wie den Sinn des Lebens, kann man auch den Sinn des Todes suchen. Im Prinzip läuft da auf das Gleiche hinaus. Ist das dein Stein? Darauf wirst die nie eine Antwort finden. Den könntest du getrost unten liegen lassen und dich anderen, radikaleren Fragen widmen. Das ist die Schere zwischen Verstand und Natur. Die kann man öffnen, doch nie mehr schließen. Glücklich die Menschen, die diese Schere nie öffnen.

Der Professor meiner Frau sagte zu mir: "Wenn ich drüben bei den Neugeborenen den Geburtsschein unterschreibe, liegt darunter als Durchschlag bereits der Totenschein. Da fehlt lediglich noch das Datum." Deprimierend? Nein. Nüchtern und sachlich.

In der Natur hat der Tod durchaus einen Sinn. Ihr Ziel ist die Veränderung, die Weiterentwicklung und ohne den Tod könnte sie dieses Ziel nicht erreichen. Ihr Prinzip: Versuch und Irrtum und die Vielfalt. Der Mensch kann dank seiner Intelligenz regulierend in die Natur eingreifen, sie verändern. Um sich herum und in sich selbst. Sogar soweit, das er in ihr nicht mehr leben kann. Der Natur ist das egal. Dann stirbt er halt aus. Seine Art der Intelligenz war ein Irrtum und ein anderer Zweig der Evolution wird die Lücke schließen. Die Natur hielt sich in dieser Hinsicht noch immer ein Hintertürchen offen.

Der Glaube des Menschen hingegen ist wie eine Leiter, die um eine Sprosse länger ist als das Leben. Dank seiner Intelligenz konnte er sich diese Leiter bauen. Was ist schlimm daran, wenn er damit leben und sterben kann? Wie diese Leiter geschmückt ist oder welche Farbe sie hat, ist dabei vollkommen egal. Wenn man diese Leiter nach oben klettert, da hilft einem niemand. Der alte Mann mit Bart (ob Gott, Manitou oder Allah) hilft einem nur auf der allerletzten Sprosse. Wie gesagt: wenn man glaubt.

Sucht nicht jeder nach so einer Leiter? Leider ist sie manchmal zu kurz. Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, diese Leiter könnte auch vor den Gefahren des Lebens schützen. Das kann sie in keiner Weise.

Zitat:
Zitat von hermannJohann Beitrag anzeigen
Was ist mein Stein?
Weißt du, irgendwann trennten sich die Wege meiner Trauer. Zu dem Zeitpunkt, als mir klar wurde, um wen oder was ich eigentlich trauere.

Zu Anfang hatte ich um das 'Wir' getrauert. Ein riesiger Felsbrocken, den ich nicht mal bewegen konnte. Ich habe versucht, ihn wenigstens zur Seite zu rollen, um den Weg freizumachen. Ging nicht. Habe ihn gestreichelt und verflucht. Unter großer Anstrengung bearbeitet ... bis er in zwei Teile zerbrach.

Zitat:
Zitat von hermannJohann Beitrag anzeigen
Ich bin traurig wegen Tanja
Den einen Teil trage ich in einem Rucksack auf meinem Rücken. Den werde ich nicht mehr los. Das ist die Trauer um Myriam. Dass sie nicht mehr leben durfte. Um das, was sie verloren hat. Ich kann ihn tragen nach langem Training. Er bremst mich nicht mal aus. Er stärkt sogar die Muskeln.

Zitat:
Zitat von hermannJohann Beitrag anzeigen
Was ist mein Stein?
Das andere Stück lies sich mit viel Mühe den Berg hinauf rollen. Das ist die Trauer um mich und um das, was ich verloren hatte. Nun liegt er da oben, dieser Brocken. Gut verkeilt.


Liebe Grüße,

Helmut
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