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Alt 22.07.2012, 14:22
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Du Warst und bleibst meine große Liebe.

Hallo Wolfgang,

deine Eröffnung hat mich berührt, denn der letzte Weg meiner Frau begann in etwa um die gleiche Zeit. Leider hat sie nur noch 2 Jahre geschafft. Im Februar 2008 ist sie dann verstorben.

Leider? Oder soll ich schreiben: zu ihrem Glück? Wenn ich lese, was viele andere Krebskranke so alles noch ertragen mussten und noch müssen? Oder wenn ich lese, wie viel Leid auch in die Familie hinein getragen wird und dort aus zu halten ist? Unvorstellbar für mich (und dich sicherlich auch) noch vor ein paar Jahren und heute lese ich ständig davon. Aber Glück? Ein sehr fragwürdiger Ausdruck in diesem Zusammenhang. Ja, schon, irgendwie. Zumindest für meine Frau. So vieles, was du oben an Schrecklichkeiten angeführt hast, ist ihr so erspart geblieben. Mit Metastasen im ganzen Körper, sie ist chancenlos an einem Pleuraerguß gestorben.

Warum schreibe ich dir das alles? Weil es noch was anderes gibt. Ein anderes Glück. Gerade in dieser Zeit der Krebserkrankung. Daźu eine kleine Geschichte aus langer Vergangenheit, die manchmal erst gestern war. Nicht wortwörtlich, jedoch sinngemäß.

Meine Frau verstarb nicht in der sie behandelnden Klinik, sondern auf der IS einer anderen. Als ihr Onkologe das erfahren hat, rief er mich von unterwegs aus dem Auto an, um mir sein Beileid aus zu sprechen. Er sagte mir, wie sehr er meine Frau schätzen gelernt hat und wie sehr er sie bewundert hat für ihre Kraft, ihren Lebenswillen und ihren herzlichen Humor, den sie trotz allem nie verloren hatte. Und er sagte mir noch etwas, das Wichtigste: "Wenn sie zurück denken, dann werden sie feststellen, dass die letzten 2 Jahre eine sehr intensive Zeit für sie und ihre Frau waren. Eine Zeit, in der sie und ihre Frau auch viele Momente des Glücks empfanden. Manchmal Tage, manchmal Stunden, manchmal auch nur Minuten. Ein Glück, das sie ohne die Krankheit ihrer Frau so intensiv und tief niemals empfunden hätten. Sie Beide. Sie und ihre Frau."

Natürlich hätte ich nur zu gerne auf gerade diese Momente verzichtet, meine Frau auch, wenn sie dadurch noch lebte und es hat einige Zeit gedauert, bis ich diese Sätze richtig verstanden habe. Doch dann waren sie einer der Nothaken, an welchem ich mich aus so manchem schwarzem Loch heraus gezogen habe. Auch heute noch sind sie sehr wichtig für mich: zaubern sie doch auch mal ein Lächeln auf mein Gesicht, wenn ich an diese Zeit denke.

Ich schreibe gerade dir diesen Satz, weil ich nach dem Gelesenen glaube, dass du ihn auch verstehen kannst. Vielleicht nicht sofort, vielleicht morgen, denn ich weiß, wie es in dir aussieht.


Ich wünsche dir auch mal ein kleines Lächeln, wenn du an deine Frau denkst, zwischen all deinen Tränen,

Helmut
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