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Alt 07.10.2016, 15:52
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Nixe11 Nixe11 ist offline
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Registriert seit: 07.10.2016
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Standard Bisher gut durch die Chemo gekommen

• Ich habe meinen Tumor Herrmann getauft, der leider "Familiennachzug" einbestellt hat. Mit der Chemo bekommen nun alle die Räumungsklage, bevor die Zwangsräumung angesetzt wird. Das stelle ich mir beim Einließen der Infusionen immer vor.

• Ich frage mich nicht, „warum gerade ich“. Das halte ich für müßig. Wir sind heute so vielen Einflüssen aus der Umwelt ausgesetzt, dass es kein Wunder ist, wenn der Körper dies irgendwann nicht mehr abwehren kann.

• Aus den Foren und bei Youtube habe ich mir Informationen geholt, wie man die Therapie am besten meistern kann. Da meine Mundschleimhaut ein sensibler Teil ist, lutsche ich gefrorene Ananasstücke während der Chemo und kaue Kaugummi. Auch Lutschtabletten habe ich mir besorgt, damit ich weiterhin im Chor singen kann. Für alles andere, was vielleicht noch kommt, habe ich mir eine Liste erstellt.

• Anfangs war ich vorsichtig mit einer beruflichen und privaten Terminvereinbarung. „Wer weiß, wie es mir dann geht?“ Heute mache ich aus, wozu ich Lust habe, absagen könnte ich immer noch, sollte es mir mal nicht so gut gehen.

• Auch wenn ich Krebs habe, bin ich nicht im Gesamten krank. Ein großer Teil, der Größte funktioniert noch. Ich schaue immer dahin, was im Augenblick geht und nicht, was gerade wegfällt. Und es geht viel. 

• Ich trage zusammen, was ich selbst zu meiner Stabilität und Zuversicht tun kann und setze es um: jeden Tag walken 4 -5 km, gesundes Essen (Obst, Gemüse, wenig Kohlehydrate, viel trinken, wenig Stress, ausreichend schlafen, Kurkuma und Kokosöl.) Darüber hinaus alles, was Spaß macht und schon vorher zu meinem Leben gehörte: regelmäßiges Tanzen, Singen im Chor, Treffen mit Freunden, Wandern, Klavier spielen, Sitzen am See, Schreiben, kreatives Gestalten in vielerlei Form.

• Die Perücke liegt bereit (nach der zweiten Chemogabe wird’s dünner, aber ich warte noch mit dem Kahlschlag  , ein Ponyhaarkranz ist bestellt, den ich unter Mützen tragen will. Ich kann auf mitleidige oder neugierige Blicke ebenso verzichten wie auf Getuschel hinter meinem Rücken. Auch weiß ich schon viel darüber, wie ich mich schminken kann und Tücher binde, besonders schick mit auffälligen Ohrringen.

• Bei meinen besten Freunden und in Gruppen, mit denen ich oft zusammen bin, habe ich offen gesprochen. Die vielen anteilnehmenden Reaktionen haben mir sehr gut getan, entsprechende Mails habe ich in einem extra Ordner für schlechtere Zeiten gesammelt.

Bis jetzt habe ich die Chemo sehr gut vertragen, kaum Nebenwirkungen. Ich schlafe gleich danach zwei Stunden, kann anschließend essen und an die frische Luft. Rote Chemobäckchen habe ich für einige Tage und auch Herzklopfen, das mir anzeigt, es etwas langsamer angehen zu lassen. Mein „Herrmann-Tagebuch“ zeigt auch die Gewichtsschwankungen wegen des Cortisons an, erinnert mich aber gleichzeitig daran, nicht zu oft zu Süßigkeiten zu greifen und stattdessen lieber Obst oder einige Nüsse zu essen. Ich habe schon vor der Therapie versucht, mein Gewicht um 5 Kg zu reduzieren, jetzt muss es nicht unbedingt hoch gehen. 

Ich wünsche allen, die stark unter den Nebenwirkungen zu leiden haben, dass es ihnen bald wieder besser geht. Mir ist klar, dass ich bisher wohl Glück hatte, aber vielleicht hat meine Einstellung auch etwas bewirkt.
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Lobuläres Karzinom in der rechten Brust, 2,2 cm, leider mit winizgen Ablegern in der gleichen Brust. cT2(m), PN1 (3/23), davon 1/1,sn, c(M0), 100% ER, 70% PgR, Score 2.

Geändert von Nixe11 (07.10.2016 um 15:57 Uhr)
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