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Alt 22.12.2005, 12:14
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Kerstin63 Kerstin63 ist offline
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Standard AW: ohne Abschied gegangen

Hallo Petra (Peggysue),

ich bin mir ganz sicher, dass mein Thera dazu gesagt hätte: nach vorn schauen heisst nicht, dass Du das was gewesen ist, hinter Dir lassen sollst im Sinne von "vergessen" und "nu denk mal endlich an was anderes".

Ich denke, es soll nur bedeuten, dass man sich klar macht dass man nicht in der Vergangenheit leben kann oder sollte und darüber den Blick auf das "morgen" vergisst. Trotzdem kommt es denke ich darauf an, WIE dieser Blick auf das Gewesene stattfindet. Verweilst Du darin dauerhaft, oder betrachtest Du es nur? Meiner Ansicht nach ist es ganz wichtig, NATÜRLICH das Vergangene in seine Überlegungen hinsichtlich der Gegenwart und Zukunft einzubeziehen, sonst würde sich ja nie etwas ändern.

Ich bin am Anfang der Trauer um meinen Vater auch sehr in der Vergangenheit stecken geblieben, habe ihn irgendwie darin gesucht. Ich denke auch, dass das OK ist und man den Blick wieder (stärker) nach vorn richtet, wenn man soweit ist.

Inzwischen blicke ich eindeutig nach vorn, aber die Rückschau hat insgesamt in meinem Leben jetzt einen wichtigeren Stellenwert als früher.... Das heisst ja aber nicht, dass ich in der Vergangenheit lebe. Aber ich betrachte das was war, und versuche herauszufinden was das für mein weiteres Leben bedeutet, werde ich mich z.B. anderen Menschen gegenüber anders verhalten als früher? Beispiel: wenn ich etwas gegenüber meinem Vater sehr bereue, dann bringt es nichts wenn ich immer darum hadere was war... aber vielleicht kann ich es bei anderen in Zukunft besser machen. Das mit meinem Vater tut dann natürlich trotzdem noch weh, aber ich lerne eben auch manche Dinge zu zu akzeptieren wie sie nun mal gewesen sind.

Ich denke, wenn ein Thera sagt "nach vorn kucken" dann meint der garantiert nicht sowas wie "nu mal Kopf hoch und fröhlich voran" (auf sowas reagiere ich auch allergisch, von wohlmeinenden Zeitgenossen gleichgültig daher gesprochen....).

Mein Thera hat mir beigebracht, die Dinge nicht immer so schwarz oder weiss zu betrachten, wie ich es mein ganzes Leben lang gemacht habe. Er sprach immer davon, dass Dinge mal in den Vordergrund und mal in den Hintergrund treten. Das beinhaltet ja schon, dass etwas nicht verschwinden muss (z.B. das Morgen oder das Gewesene) nur weil es zeitweise in den Hintergrund tritt. Ich finde es reicht, wenn man das im Auge behält und ansonsten auf sich selbst hört und ab und zu den (ja sehr neutralen) Thera als Hilfe hat zu kucken, ob man noch so halbwegs auf dem richtigen Weg ist, manchmal verkeilt man sich ja wirklich in eine Sache, und man muss auch wieder loslassen können.... aber eben alles zu seiner Zeit.

Kerstin
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