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Alt 03.03.2004, 11:54
Gast
 
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Standard Nierenzellkarzinom und Lungenmetastasen

Liebe Dorle,

wenn die kombinierte Immun-Chemo bei Dir durchgeführt werden soll, achte bitte darauf, daß Du das KOMPLETTE Atzpodien - Schema erhälst. Also nicht z. B. NUR Interleukin und 5 FU. Die KOMBINATION ist extrem wichtig!

Der Link, den Heino Dir gegeben hat, ist identisch mit meinem. Er klärt Dich sehr gut über mögliche Nebenwirkungen auf. Die Palette der Nebenwrikungsmöglichkeiten ist bei jedem Patienten unterschiedlich und KANN auch manchmal von Kurs zu Kurs unterschiedlich sein. IMMER auftreten werden m. W. jedoch Fieber ( Jürgen hatte eine Spitzentemperatur von 40,5 Grad ), Knochen-, Gelenk und Muskelschmerzen sowie starke Abgeschagenheit, evtl etwas Übelkeit. Die Spritzen werden in der Regel am späten Nachmittag verabreicht ( bis auf zwei Wochen Hochdosistherapie mit Interleukin - da wird morgens um 8.00h und abends um 18,00h gespritzt ). Damit ist eigentlich ein RELATIV geregelter Tagesablauf möglich - Fieber wird eigentlich immer in den späten Abendstunden bis in die Nacht hinein erwartet ( ist spätestens am nächsten Tag wieder weg ). Ich betone hier besonders einen RELATIV geregelten Tagesablauf, da das Ganze natürlich auch von der Belastbarkeit des Einzelnen und von der Schwere der Nebenwirkungen abhängig ist. Ich glaube, daß Jürgen da schon eine ganze Reihe Nebenwirkungen "eingesammelt" hat, aber er ist damit nicht bettlägerig gewesen. Das soll auch nicht passieren - wenn die Nebenwirkungen ein "gefährliches" Mass erreichen sollten, ist die Therapie zu modifizieren oder ggf. gar ganz abzubrechen!

Die Spritzen werden ( ausgenommen Hochdosis Interleukin ) immer mit einem Tag Pause verabreicht ( also montags, mittwochs und freitags ) - das ist so geregelt worden, damit der dazwischenliegende Tag zur Erholung sein kann. An diesen Tagen wirst Du vermutlich abgeschlagen sein, noch Knochen-, Muskelschmerzen haben aber fieberfrei. Es sollte trotzdem dafür gesorgt sein, daß Du unter der Therapie nicht alleine bist. Hilfestellung z. B. bei Fieber ist sicher notwendig!

Was das Kochen und Einkaufen angeht, so ist das sicher möglich. Allerdings würde ich mir an Deiner Stelle hier ein wenig Erleichterung verschaffen: Großeinkäufe z. B. an therapiefreien Tagen oder an dem Tag, BEVOR es die nächste Spritze gibt ( also z. B. mittwochs vormittags - montags hast Du die letzte Spritze bekommen und mittwochs nachmittag gibt es die nächste - immer abgesehen von der Hochdosis Interleukin: hier wird in zwei Wochen der insgesamt 8 Wochen an drei Tagen hintereinander morgens und abends gespritzt! ). Und was das Kochen angeht: wie sieht's mit "Vorkochen und Einfrieren" aus? Könnte das Ganze vielleicht erleichtern.

Spaziergänge sind sicher möglich und auch ERWÜNSCHT! Je mehr Du Dich bewegst, um so besser sind die Knochenschmerzen in Griff zu bekommen! Dir wird sicher irgendwann das Spazieren-Gehen nicht so einfach fallen, wie jetzt: aber trotzdem heißt es dann den inneren "Schweinehund" zu bekämpfen, auch wenn Du meinst, doch nur "herumzuschleichen". Wichtig ist die Bewegung, egal wie.

Auch Autofahren sollte kein größeres Problem sein. Vielleicht fühlst Du Dich an dem einen oder anderen Tag nicht ganz danach, aber das gibt sich wieder. Jürgen fühlt sich häufig zu schlapp - allerdings hat er mich, die dann automatisch fährt. Ich glaube, wenn ich keinen Führerschein hätte und er fahren müßte, könnte er schon! Von längeren Fahrten würde ich Dir aber abraten - es ist besser, wenn Du Dich soviel wie möglich schonst, denn die Therapie kostet schon Kraft!

Nach Beendigung der Therapie wirst Du Dich relativ schnell wieder erholen. Alle Symptome sind relativ zügig rückläufig. Und es sind doch "nur" 8 Wochen!!!

Von Reisen unter der Therapie würde ich abraten. Du solltest doch immer in der Nähe eines guten Arztes sein, der Dich kennt und notfalls auch zu Dir nach Hause kommt, wenn's mal brennt! Nach der Therapie ist das Verreisen sicher kein Problem mehr: wir haben kurz nach Jürgens Therapie im vergangenen Jahr eine Reise ( 8 Wochen ! ) nach Australien gemacht - das war etwas, was er vorher nie für möglich gehalten hat. Und auch in diesem Jahr ist Australien wieder geplant und schon gebucht - diesmal West-Australien. Ich persönlich halte es auch für wichtig, daß man sich etwas Schönes, auf das man sich freuen kann, für die Zeit nach der Therapie vornimmt. Denn: auch die Seele braucht Therapie, und da können Pläne, die man nach der Therapie verwirklichen kann, sehr hilfreich sein - auch schon WÄHREND der Therapie, denn es gibt ein Ziel für "danach".

Jürgen wird übrigens an der Uniklinik München-Großhadern therapiert: wir fahren da zwar immer rund 250 km eine Strecke, aber die Ärzte dort sind m. E. gut und auch im Bereich Forschung beim Nierenzellkarzionom recht rege. Falls Du übrigens noch einmal eine OP von Metastasen z. B. haben solltest, würde ich Dir empfehlen, Dich VORHER nach den Möglichkeiten der Einfrierung von Tumorgewebe zu informieren. Wenn die Immun-Chemo irgenwann einmal nicht mehr greift, besteht die Möglichkeit sie mit einer Tumorimpfung mit dendritischen Zellen zu kombinieren ( bisher ist die Tumorimpfung zwar noch ein Studienobjekt, aber erfolgsversprechend - und evtl. eine weitere Möglichkeit für die Zukunft ). Bei Jürgen wurde auch Tumorgewebe eingefroren ( übrigens auch bei Hartmut ) - kostenlos. Erst wenn ein Impfstoff daraus entwickelt werden würde, müssten wir die Therapie z. Zt. noch selbst finanzieren ( Kassenzulassung ist noch nicht vorhanden! ) Wichtig bei dieser Möglichkeit ist, daß das Einfrieren von Tumorgewebe VOR der OP geklärt ist. Das Gewebe darf nämlich nicht mit Formalin in Kontakt kommen ( wie es üblicherweise nach OP konserviert wird ) sondern muß direkt aus dem OP zur "Weiterverarbeitung" und gekühlt werden.

Ich hoffe nicht, daß Dich die Nebenwirkungspalette unter der angegebenen Website zu sehr erschreckt. Glaub mir: es ist zu schaffen und eine effektive Chance, auf die ich persönlich NIE verzichten würde! Ein Versuch, wenn man in gutem körperlichen Zustand ist, lohnt sich IMMER! Es ist wirklich eine Chance! Und: wenn MÄNNER das schaffen und durchhalten, dann schaffen wir Frauen das doch erst recht, oder??? ( Sollte ein Scherz sein, ich hoffe niemand nimmt ihn mir übel. Stammt noch aus meiner Laufbahn als Krankenschwester, wo ich manchmal gesagt habe: wenn Männer Kinder bekommen müssten, wären wir schon ausgestorben. Außerdem sitzt Jürgen gerade neben mir und hat mir das auch so gesagt. )

Also bleibt mir nur noch Hartmuts Motto, mit dem ich Dich auch ein wenig motivieren möchte: Augen AUF und durch!

Ich wünsche Dir das allerbeste und melde Dich ruhig, wenn Du noch Fragen hast.

Liebe Grüße

Ulrike


Hallo,

ich stimme dem voll zu: Ich bin kein einfacher Patient - ich bekomme "meine" Nebenwirkungen mittlerweile schon immer am Sonntag - einen Tag VOR der ersten Spritze. Und ich darf auch keine Beipackzettel lesen, sonst bekomme ich alle Nebenwirkungen, die dort als "Eventualitäten" aufgeführt sind, auch schon spätestens drei Tage vor Therapiebeginn. Also: Wenn sogar "Männer" das durchgestanden haben, sollte es für das "schwache" (starke) weibliche Geschlecht auch möglich sein. Ich will damit nur sagen: Bange machen gilt nicht. Es ist manchmal nicht einfach, manchmal "zum Kotzen" - aber für mich bisher letztendlich alles "aushaltbar".

Ich wünsche Dir viel, viel Erfolg.

Jürgen
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