Einzelnen Beitrag anzeigen
  #13  
Alt 13.11.2003, 13:29
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard An meine liebe Mama

Liebe Mama,

gestern waren es nun 2 Monate her, das Du nicht mehr da bist. Es ist so verdammt hart mit allem umzugehen. Gestern früh haben wir erfahren, das Dein Enkelkind ein Junge wird. Ich konnte mich über alles gar nicht richtig freuen. Ich bin so unendlich traurig, das Du Dein Enkelkind nie im Arm halten wirst. Ich konnte gestern an nichts anderes denken, ich hab den ganzen Tag nur geweint. So wie jetzt gerade auch. Es tut so weh. Nicht mal die Vorfreude auf´s Baby kann meinen Schmerz ein wenig lindern. Es macht mir alles so zu schaffen. Ich hab mir alles so schön ausgemalt. Es hätte alles so toll sein können und nun? Nun falle ich von einem Loch ins nächste. Ich wünschte ich hätte einen Ausschalter für meine Gefühle, dann müsste ich nicht mehr so leiden. Dann würde alles viel einfacher sein.
Und immer wieder kommt die Frage: Wieso gerade Du? Womit hast Du das verdient? Hätte nicht jemand anderes gehen können? Es gibt doch soviel alte Menschen. Das ist so unfair. Aber ich stehe als junger Mensch nicht alleine da. Soviele habe ihre Mütter schon an dieser beschissenen Krankheit verloren. Es ist alles so ungerecht. Und nach 2 Monaten besteht immer noch sowas wie Fassungslosigkeit. Mir kommt alles so wie gestern vor. Da sassen wir noch zusammen auf dem Sofa, da hab ich für Dich gekocht. Und nun bin ich Mittag für Mittag alleine. Keiner kommt mehr aus dem Schlafzimmer gerannt. Ich wünschte ich würde aus diesem Alptraum endlich aufwachen. Aber der Alptraum ist Tag für Tag Realität. Es ist so schwer in dem ganzen Schmerz und in der Bitterkeit an sowas wie das eigene Leben zu denken. Ich fühl mich wie in einer Endlosschleife. Jeden Tag die gleichen Bilder vor Augen. Ich will nicht daran denken, aber es funktioniert einfach nicht. Sie sind eingebrannt. Ich versuche mich an schöne Zeiten zu erinnern, aber die schrecklichen Bilder aus dem Krankenhaus drängen sich immer wieder nach vorne. Es tat so weh Deinen kleinen dünnen Körper dort im Bett liegen zu sehen. Ich kann es nicht vergessen. Es verfolgt mich jede Nacht. Ich wünschte ich könnte wieder anfangen ein normales Leben zu führen. Aber bis ich mit mir selber im Reinen bin, dauert es bestimmt noch eine Weile. Ich möchte mal wieder an Dich denken und dabei lächeln können. Das fehlt mir so sehr. Lachen und mal wieder fröhlich sein. Das scheint für mich aus dem Gedächtnis gestrichen zu sein. Vielleicht ist es auch nicht richtig Dir jeden Tag meine Gedanken anzuvertrauen, aber ich muss es doch irgendwo loswerden. Es frisst mich sonst auf.
Ich vermisse Dich so unendlich.

Deine Dich liebende Tochter
Mit Zitat antworten