Einzelnen Beitrag anzeigen
  #10  
Alt 20.03.2008, 10:44
RomanZ RomanZ ist offline
Neuer Benutzer
 
Registriert seit: 15.03.2008
Ort: Wr. Neustadt, Österreich
Beiträge: 6
Standard Grabes-Rede

Liebe Leute,
gestern war die Beerdigung meines Vaters. Es war sehr traurig, da nur ein paar Leute gekommen sind und von unseren Angehörigen, die sowieso schon nur mehr wenige sind, auch nur die Hälfte, d.h. insgesamt waren nur ca. 12 Menschen dort.
Da er ohne Bekenntnis war, hat natürlich kein Pfarrer für ihn gesprochen. Deshalb wollte ich ein paar Worte an seinem Grab sagen. Leider ist es mir nicht möglich gewesen, da ich es nervlich nicht geschafft habe, ich habe nur den ersten Absatz lesen können, danach ist es nicht mehr gegangen. Es tut mir leid, dass ich nichts von meinem Vater erzählen konnte, darum poste ich die Ansprache hier, damit vielleicht ein paar Menschen etwas über meinen Vater erfahren können.
Liebe Grüße,
Roman

Begräbnis-Ansprache

Zuerst möchte ich Sie herzlich begrüßen und mich kurz vorstellen. Mein Name ist Roman Z., ich bin einer der zwei Söhne des Verstorbenen und möchte nun ein paar Worte im Gedenken an meinen Vater sagen:

Mein Vater Robert Z. wurde am 3. Februar 1924 als einziger Sohn einer Arbeiterfamilie in Wien geboren, 1943 unfreiwillig in die Wehrmacht eingezogen und kam erst 1947 aus der Kriegsgefangenschaft nach Wien zurück. Er war dann 2 Mal verheiratet, wobei aus der 1. Ehe sein Sohn Robert und aus der 2. Ehe ich hervorgegangen sind. Da fällt mir ein, dass mein Vater eigentlich wollte, dass ich auch Robert heiße, das hat meine Mutter aber erfolgreich verhindern können, sonst wären wir insgesamt 4 Roberts in der Familie gewesen. Sie können sich vorstellen was das für ein Chaos bei einem Familientreffen gewesen wäre. Wie dem auch sei, die 2. Ehe mit meiner Mutter hat dann jedenfalls fast 45 Jahre gehalten. Die letzten 28 Jahre seines Lebensabends hat er dann in Felixdorf gelebt.

Mein Vater war ein intelligenter, manuell sehr begabter, wandlungsfähiger und hart arbeitender Mann. Er hat vor dem Krieg bei der Post gearbeitet, konnte seine Ausbildung dort aufgrund des Krieges aber nicht beenden. Im Krieg hat er die Funkerprüfung gemacht und war dann Funker. Nach dem Krieg war er nach einigen Gelegenheitsjobs unter anderem Weinhändler und hat danach letztendlich am Bau gearbeitet. Wo er sich autodidaktisch bis zum Facharbeiter als Steinmetz hochgearbeitet hat und diesen Beruf auch bis zu seiner Pensionierung ausgeübt hat. Er hat in seinem Leben zweieinhalb Häuser fast vollständig selbst gebaut, wobei er sein letztes Haus in Felixdorf erst im Alter von 55 Jahren angefangen hat zu bauen. Da er auch im vorgeschrittenen Alter noch an neuen Dingen interessiert war, hat er sogar noch im Alter von 59 den Führerschein gemacht. Überhaupt war er allem gegenüber was mit Basteln oder Technik zu tun hatte sehr aufgeschlossen, deshalb hat er bei uns im Haus auch fast alles selbst gemacht. Z.B. hat er die Laternen in unserem Garten nur aus versch. Wasserleitungsrohren selbst gemacht und ich bin überzeugt, dass er auch noch den Umgang mit dem Internet gelernt hätte, wäre da nicht die heimtückische Krankheit gewesen.

Ich möchte nun ein bisschen über seine Persönlichkeit erzählen: Er war so gut wie nie zornig oder schlecht drauf und immer geduldig mit mir. Ich kann mich nur einmal erinnern, dass er mir eine Ohrfeige geben wollte. Zum Glück konnte ich da schon schneller laufen als er, d.h. reifere Eltern zu haben hat also auch seine Vorteile. Er hat sich nie beklagt über die viele Arbeit sondern war immer guter Dinge und hatte immer ein Lächeln oder einen Rat für mich übrig, außerdem war er auch ein geduldiger Zuhörer für meine Probleme. Da er als Kind gerne Karl May gelesen hat, war sein Motto „Ein Indianer kennt keinen Schmerz und ein Bär weint nicht.“. So hat er auch gelebt, d.h. er hat sich praktisch nie Schmerzen anmerken lassen. Der Spruch „Harte Schale, weicher Kern“ hat auf ihn perfekt gepasst. Außen war er nicht nur körperlich wie ein Bär, aber innen war er sehr sensibel. Diese Seite hat er aber immer versucht zu verstecken, zum Glück ist es ihm nicht immer gelungen. Selbst als er schon schwer krank war hat er sich nie beschwert, erst ganz zum Schluss ist er ein wenig verzagt gewesen hat aber trotzdem nie aufgegeben, im Gegenteil, er hat sogar noch Scherze gemacht. Überhaupt war er ein Kämpfer und ich glaube, dass nur wenige Menschen trotz dieser Vielzahl von Krankheiten so lange überlebt hätten.

Die Familie war ihm immer wichtig. Hat er doch seine todkranke Mutter bis zum Schluss zuhause bei sich gepflegt und auch seinen Sohn Robert aus 1. Ehe fast alleine großgezogen. Apropos Familie, da fällt mir ein, ich kann mich noch erinnern als ich ihm meine jetzige Freundin vor ca. 6 Jahren vorgestellt habe. Er hatte vorher eigentlich immer etwas an meinen Freundinnen auszusetzen, meistens zu recht. Mit meiner Freundin Asuka ist er aber sofort warm geworden, obwohl sie damals überhaupt nicht Deutsch konnte, sie kommt ja aus Japan. Jedenfalls hat er sie, ältere Herren stehen bei so etwas ja über den Dingen, beim Abschied ganz fest gedrückt und ihr links und rechts auf die Wange einen Schmatzer gegeben. Nun ja, wer sich ein bisschen mit der japanischen Kultur auskennt, der weiß, dass Japanern so inniger Körperkontakt eigentlich zuviel ist. Man muss sich das Bild vorstellen, mein Vater schmatzt meine Freundin ab und sie steht total überrascht mit den Händen rudernd und quietschend da. Ein Bild wie aus einem japanischen Zeichentrickfilm. Mittlerweile hat sie sich aber daran gewöhnt.

Ich werde meinen Vater sehr vermissen, momentan habe ich seinen Tod noch nicht wirklich realisiert, für mich sitzt er immer noch beim Küchentisch und wartet auf uns, aber ich werde ihn nie vergessen. Selbst als er schon sehr krank war habe ich immer seine Gegenwart genossen. Er war immer so etwas wie der Ruhepol in der Familie und es war schön ihn zu berühren und mit ihm zu sprechen. Mir war er immer ein sehr guter Vater und ein Vorbild, und ich kann mir bei Gott keinen besseren Vater vorstellen. Ich bin der Meinung, dass er sich einen schönen Platz im Jenseits verdient hat und hoffentlich passt der liebe Gott dort gut auf ihn auf.

Ich bin nun am Schluss meiner Rede angekommen und möchte sie im Anschluss daran bitten ein Vater-Unser mit uns gemeinsam zu beten. Vielen Dank!

Geändert von RomanZ (20.03.2008 um 14:29 Uhr)
Mit Zitat antworten