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Alt 27.02.2005, 21:26
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Standard Analkarzinom, Analkanalkarzinom

Hallo Susi, Gitta, Carol

Erst jetzt fand ich Euer Analkarz.-Forum! Bei uns in der Schweiz gibt es gar kein vergleichbares Patientenforum! Ich finde das toll. Es macht mich gleichzeitig aber auch etwas betroffen, was da alles so passiert.

Es gibt doch nicht nur "schwarz oder weiss", also gar kein oder ein endgültiges Stoma. Bei uns ist es üblich, vor der Bestrahlungszeit ein sog. doppelläufiges, temporäres Stoma anzulegen, in der Hoffnung (auch wenn diese sich nicht in jedem Fall erfüllt), das Stoma später wieder zurückverlegen zu können. Ich selbst war gar kein einfacher Fall, Ende 1995 wurde ein Anal-Ca festgestellt, T3-4 und G2 (heisst einfach dass ein Tumor mässig differenziert ist, wodurch er etwas schneller wächst als ein G1 (gut diffferenziert), dafür aber auch besser auf Bestrahlung anspricht. Nur sprach ich auf die Bestrahlung so "gut" an, dass sich schwerste Nebenwirkungen (schwere Blutungen etc.) ergaben und auch die Harnröhre verschloss sich vollständig, wodurch ich 6 Wochen lang einen suprapubischen Katheter (durch die Bauchdecke gehend) zur Ableituung tragen musste. Jedenfalls reichte es mir und ich verweigerte die 2. geplante Chemo-Phase. Zum Glück! Denn sonst hätte ich wohl heute noch mein Stoma! Es war wirklich höchste Zeit, "abzuspringen". Denn durch die Bestrahlung war der Analkanal an der dünnsten Stelle nur noch 4mm und auch die Scheide (wo der Tumor etwas infiltriert hatte) war leider verengt. Wegen der schweren Strahlenschädigung wagte jahrelang niemand eine Operation.

Endlich überwies mich im Jahr 2003 ein Arzt an Herrn Prof. Buchmann vom Zürcher Stadtspital Waid, der eine Koryphäe im Gebiet der Magen-Darmchirurgie ist. Er ist übrigens auch der Erste, der mit Erfolg die schonende minimalinvasive Chirurgie bei Dickdarmkrebs (sofern nur ein Segment betroffen ist) einführte und nachwies, dass die Erfolge nicht schlechter sind als bei der alten Methode.

Jedenfalls wagte er bei mir eine Lappenplastik, wobei Haut (nur Oberhaut) vom Po in den Analkanal hineingezogen wird, um diesen zu vergrössern, zu erweitern und stabiler zu machen. Nicht ganz unproblematisch, denn bei einer schweren Strahlenschädigung besteht immer die Gefahr, dass das Transplantat nicht anwächst. Aber es klappte!

Dann musste aber noch ein anderes Hindernis angegangen werden: Wie das Endosono zeigte, war der innere Analmuskel (nicht wieder aufbaubar) vollständig weggestrahlt worden. Deshalb wurde mir im Sommer 2003 ein sog. SNS (kleines Gerät zur Neurostimulation, das beim Schaufelbein eingesetzt wird und mit Elektroden - kleinen Drätchen- mit der Analgegend verbunden wird). Von aussen kann man es mit einem Gerät ein und ausschalten, wenn man aufs WC geht. Mit der Zeit soll ev. der äusssere Schliessmuskel die Funktion des inneren mitübernehmen.

Im Januar 2004 konnte das Stoma zurückverlegt werden! Welch eine Freude! Das SNS hatte ich anfangs fast ständig an. Inzwischen brauche ich es nicht mehr immer, sollte es aber mind. einmal im Tag anstellen, weil durch die elektrischen Impulse der Schliessmuskel im Training bleibt.
Leider bildete sich im Sommer eine lästige Fistel (vom Analkanal zur Scheide), die vor Weihnachten wieder zuwuchs, jetzt aber wieder etwas gekommen ist (passiert offenbar gern in strahlengeschädigtem Gebiet - hoffe man bringt sie wieder zum Verschwinden).
Doch im allgemeinen ist das Leben ohne Stoma besser und es lohnt sich in jedem Fall - falls ein Stoma unumgänglich sein sollte - unter allen Umständen für ein temporäres (und nicht endgültiges!) Stoma zu kämpfen!

Das ist, was ich Dir, Susi, und allenfalls andern Betroffenen ans Herz legen möchte. Und noch etwas: Angst ist ein schlechter Ratgeber. Wenn jemand sagen sollte, der Krebs könnt wiederkommen, soll man sich nicht beeindrucken lassen, sondern das Risiko eingehen, wenn es mehr Lebensqualität verspricht - wahrscheinlich kommt der Krebs nämlich gar nicht wieder. Also sich ja nicht ins Bockshorn jagen lassen!

Eine Frage hättte ich allerdings noch: Ich kenne niemand anderen ausser mir selbst, wo ohne inneren Analmuskel und doch ohne Stoma lebt. Die Lappenplastik unter erchwerten Bedingungen und die ganzen SNS-Sachen in Fällen wie meinem scheinen doch eher neuer zu sein. Aber gerade so, dass ich in Europa der einzige derartige Fall bin, wird es ja auch nicht sein?? Also, kennt jemand von Euch einen Fall, der ähnlich ist wie meiner?

Euch allen, die das hier lest, wünsch ich viel Kraft und drücke Euch fest die Daumen, dass Ihr euer eigenes Geschick in den Griff kriegt. Und würd mich auch freuen, wenn jemand sich auf meinen Beitrag meldet.

Herzliche Grüsse
Salome
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