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Alt 20.02.2005, 19:10
Gast
 
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Standard Russisch Roulette.......

Liebe Kerstin,

danke für Deine Zeilen. Du erlaubst sicher, daß ich bei meiner Antwort auch Deinen Brief an Saphir mit berücksichtige. Deine Worte über Deinen Bruder und Deine Mutter geben einem wirklich zu denken, da kann man eigentlich gar nichts dazu sagen, nur, daß es einem leid tut und daß es sehr schade ist. Ich verstehe nichts von Psychologie, aber ich kann mir vorstellen, daß Du es mit der Trauer um Deinen Vater doppelt schwer hast. Zu der Trauer, dem Verlust, kommen auch noch Enttäuschung und das Gefühl im Stich gelassen zu sein dazu, sicher auch Wut.

Weißt Du was mir bei Deiner Erzählung auffällt, ich bemerkenswert finde? Daß Du eine Nähe zur Frau Deines Vaters gefunden hast, daß Ihr miteinander gut auskommt.
Manchmal denke ich, wir alle schenken oft zu viel Aufmerksamkeit den Defiziten und achten zuwenig auf Situationen in denen es gut geht. Zum Beispiel habe ich (für mich) oft die körperliche Verfassung meiner Eltern beklagt. Wenn andere meinten, welch ein Glück es sei, daß meine Eltern geistig und seelisch so gut drauf sind, na ja, das habe ich fast selbstverständlich genommen.
Als ich jetzt Deine Worte über Dich und die Frau Deines Vaters las, dachte ich, das hätte auch ganz anders sein können, für alle Teile schwer erträglich.

Ganz gut gefällt mir das Bild, Ihr zwei, 20 bis 30 Schubkarren Erde hievend auf dem Friedhof. Das ist kreatives Leben und Dein Papa hat das bestimmt mit Wohlgefallen betrachtet.

Ich möchte noch einmal auf Deinen - glaube ich ersten - Text zurückkommen, in dem Du schmerzhaft bedauerst nicht bei Deinem Papa gewesen zu sein, als er sein Leben aushauchte. Weißt Du, ich glaube worauf es wirklich ankommt, ist die Bereitschaft, da zu sein. Und die hattest Du. Ob sich das dann so ausgeht, daß man genau in dem Augenblick da ist, das ist Glück! Mir tut es im Herzen weh, wenn ich immer wieder höre oder lese, daß Angehörige so schwer damit leben, sich zusätzlich das Herz schwer machen, wenn sie nicht dabei waren. Es gibt Menschen, denen es möglich ist, sozusagen immer beim Kranken zu sein. Dann gehen sie aufs Klo, duschen sich und wenn sie zurückkommen ist der Mensch tot.

Wann ist Dein Vater gestorben?

Ich hab Dir geschrieben, daß ich mich schon vor dem Tod meiner Eltern, ja so früh, daß es sogar vor ihren Erkrankungen war, mit diesem Thema beschäftigt habe.
Das MYsterium Tod war nie ein Tabuthema. Aber das eigene Erleben hat alles aus den Angeln gehoben. Ich glaube durch dieses Tal muß man durchgehen um verstehen zu können.Man ist danach nicht mehr derselbe Mensch - im positiven Sinn. Ich kann heute ganz anders mit Kranken, mit Trauernden umgehen, ich weiß jetzt einfach WIE
das ist. Und jetzt wäre ich jemand, den man anrufen kann, an seine Seite bitten kann, so wie Du das gebraucht hättest, als Du bei Deinem Papa warst.

Und das meinen wir beide, wenn wir Saphir bitten, sich um Hilfe umzusehen. Wie alles sein wird, das weiß keiner, aber es tut gut, wenn man ein bißchen gewappnet ist.

Für heute schicke ich Dir liebe Grüße
Briele
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