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Alt 27.10.2002, 19:30
Gast
 
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Standard Wie sind Eure Kinder mit dem Tod umgegangen?

Hallo,
mein Freund verstarb zuhause. Mein Sohn(8), der mit ihm vom 1. Lebensjahr an aufgewachsen war, hatte wenige Tage zuvor Gelegenheit, sich von ihm zu verabschieden. Mein Freund holte ihn zu sich und sprach nur wenige Minuten mit ihm. Die Jahre mit der Krankheit sind vorher für Julian sehr offen vergangen. Wir hatten die gesamte Ernährung umgestellt, verschiedene Krankenhäuser und Ärzte aufgesucht - der Junge wusste warum, und was nun gerade Stand der Dinge war. Zuletzt sagte mein Freund ihm ganz offen, dass er nun sterben würde und nicht wüsste, wohin es geht. Aber dass er auf jeden Fall versuchen würde, ihn (Julian) jeden Tag zu sehen und nach Möglichkeit zu beschützen.
Er schenkte ihm einen kleinen Bären zur Erinnerung.
Dann ging Julian zu seinen Freunden (und meiner engsten Freundin) die nächsten Tage nach Hause. Er fühlte sich dort gut aufgehoben - in der normalen Kinderrealität mit Schulalltag und allem.
Als mein Freund gerade verstorben war, rief ich Julian an und liess ihn von meiner Freundin bringen. Auch seine Freunde kamen mit - wie auch unsere engsten anderen Freunde und Angehörigen.
Wir sassen stundenlang alle miteinander im Kreis an seinem Bett, hörten seine Lieblingslieder und hatten Kerzen angezündet.Die Kinder kamen und gingen in den Raum, wie es ihnen gefiel, dann wieder setzten sie sich ins Kinderzimmer, um darüber zu reden. Manchmal ging ich rüber und sprach mit. Ich erklärte Julian, dass mein Freund nun den schweren und kranken Körper verlassen habe und nun sich auf seine neue Aufgabe als "Engel" vorbereiten würde. Und dass er genau sehen und mitbekommen könne, was wir nun gerade tun und denken.
Dass er uns über alles liebhaben würde und uns sicher nicht im Stich lassen würde.
Wenig später kam Julian ins Sterbezimmer, streichelte den verlassenen Körper, gab ihm einen letzten Kuss und legte ihm ein gebasteltes Flugzeug auf die Brust... "Das ist für Dich, weil Du doch jetzt fliegen kannst", sagte er.

Die anwesenden Kinder (5-12Jahre) haben die Situation gut verarbeitet - ebenso Julian. Inzwischen ist das alles 9 Monate her. Natürlich haben wir viel mit den Kindern darüber geredet. Alles in allem war es eine Bereicherung für ihr zukünftiges Leben, für ihren Glauben.
Enttäuschend fand ich es schon, dass mit keinem Wort innerhalb der Schule dieser Sterbefall erwähnt wurde.
Aber das ist so gesellschaftstypisch hier. Daher mein Tipp: vergesst Kindergarten und Schule nicht, darüber zu informieren und wenigstens darum zu bitten, auf die betroffenen Kinder ein wenig Rücksicht zu nehmen.
Das ist sehr wichtig.
Liebe Grüsse, Nicole R.name@domain.de
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