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Alt 27.01.2006, 22:24
Brittavl Brittavl ist offline
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Standard AW: Hilfe, keine Chemo mehr

Hallo alle,
danke für die vielen Worte und die Gedanken, die ihr euch um euch macht.

Heute war Beerdigung. Eigentlich war sie schön. Der Pastor kannte meinen Papa sehr gut, deshalb waren es keinen leeren Worte. Auch unser Hausarzt im Ruhestand sagte ein paar sehr schöne Worte. Irgendwie hat sich der Kreis geschlossen.
Falls ich es noch nicht erwähnt hatte:
Mein Papa hat in dem Stadtteil sehr viel für "seine" Sportabteilung (Leichtathletik) getan. Unser Hausarzt war lange Zeit der 1. Vorsitzende des Gesamtvereins. Seine Praxis hat mittlerweile einer seiner Söhne übernommen. Wenn der im Urlaub ist, macht Senior Vertretung. Genau zu dem Zeitpunkt ist Papa zum Arzt, weil es ihm im Sommer so schlecht ging. In seiner Rede sagte er heute "So wird die Lüge zur Hoffnung".
Der Arzt, den Papa in Bochum nach der OP in der Nacht zu Samstag versorgt hat, war ein ehemaliger Schüler, den Papa vor Jahren trainiert hat. Er hatte also in seinen letzten Stunden Menschen um sich, die er kannte und die ihn so kannten, wie er eigentlich war. Ist das alles Zufall? Wahrscheinlich, sagen mir viele. Ich glaube nicht dran. Ich weiß zwar heute immer noch nicht, warum Papa diese Krankheit bekommen hatte. Werde wohl noch Jahre brauchen, bis mir der Sinn (von wem auch immer) erklärt wird. Naja.

Jedenfalls war dieser letzte Gang, den wir mit Papa gegangen sind, sehr schön, wenn das richtige Ausdruck in diesem Zusammenhang ist. Es waren über 150 Leute da, sein älterer Bruder ist aus England gekommen, viele Sportkollegen, ehemalige Arbeitskollegen und natürlich die anderen Verwandten. Auch einige Mädels (ca. 15-16 Jahre alt), die Papa bis zur Diagnose trainiert hatte. Die habe ich natürlich gar nicht gekannt, aber sie standen am Grab und weinten. Wir haben uns nicht die Hand gegeben, sondern gleich umarmt. Hätte Papa dabei sein können, er hätte sich bestimmt gefreut, daß sooo viele Menschen im eine letzten Gruß erwiesen haben. Und wir waren letztlich auch froh darüber, daß er die Beerdigung erhalten hat, wie er sie verdient hat. Denn der Sport und "seine" Kinder waren ihm immer sehr wichtig. Schön zu sehen, daß er ihnen auch wichtig war.
Ich hoffe, daß er schon im Himmel angekommen ist und das alles sehen konnte.

Natürlich war es für uns auch schwer, den Sarg zu sehen, wo er jetzt drin liegt, am Grab zu stehen, zu sehen, wie er in das Loch gelassen wird. Und dann diese vielen Menschen, die alle aufrichtig traurig waren, auf uns zukommen zu sehen, viele, die uns wortlos die Hand gaben, weil einfach die Worte fehlten...

Auch die vielen Briefe, die an meine Mutter gegangen sind. Auch von Menschen, die ihn jahrelang nicht mehr gesehen hatten.

Tja, wir haben Papa auch auf seinem letzten Gang begleitet, jetzt wird wohl erst mal Ruhe einkehren und der Verlust wohl richtig real. Ich hoffe, daß wir alle die Zeit für die richtigen Taten erkennen. Um traurig zu sein, zu fröhlich zu sein, um an vergangene Tage zu denken und dankbar zu sein, daß wir die Zeit mit Papa hatten (gute und schlechte Tage).

Ich werde bestimmt mal wieder hier vorbeischauen, denn ihr alle hier seid mir wichtig geworden, obwohl ich euch teilweise nur unter eurem Nicknamen kenne.

Danke noch mal für eure Hilfe jeglicher Art. Ob es mitfühlende Worte waren oder Telefonnummern, Links, Tips, usw. waren (hoffe, ich habe nichts vergessen. Falls ja, bitte ich um Nachsicht. Ist nicht böse gemeint).

Viele liebe Grüße und ganz viel Kraft an alle, die in irgendeiner Form mit dieser Krankheit zu tun haben,
Britta mit der kompletten Familie...

PS: Leider habe ich immer noch keine Adresse, wo man Wunder bestellen kann. Aber das Leben an sich ist ja schon ein Wunder...
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