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Alt 20.03.2002, 00:31
Gast
 
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Standard Die Achterbahn der Trauer

Liebe Marianne
Wie wunderschön. Mir wurde ganz warm ums Herz als ich deine kleine Geschichte las. Diese "Botschaft" gab dir in deinem Schmerz doch ein wenig Freude und Hoffnung. Eine derartige Nachricht habe ich noch nicht erhalten ;-), aber am Todestag meines Papas hatte ich ein merkwürdiges Erlebnis, besser vielleicht: so ein komisches Gefühl. Ich fühlte mich schlecht, geradezu schwerfällig, als hätte ich eine große Last zu tragen. Jede Bewegung war irgendwie anstrengend, ich fühlte mich so, als hätte ich den ganzen Tag LKWs gestemmt und mein Gang war der einer alten Oma. Sehr ähnlich ging es mir im übrigen auch an dem Tag nach der OP, als wir meinem Pa sagen mußten, daß der Tumor nicht entfernt werden konnte. Abends kam dann noch so ein inneres Zittern dazu. Ich war einfach fertig. Als ich dann so auf dem Sofa saß und versuchte, mich wie die Anderen mit etwas Fernsehen abzulenken, dabei aber doch nur an meinen Papa denken konnte, wurden plötzlich mein Oberkörper und meine Arme ganz warm und ich verspürte einige Momente ein beruhigendes Gefühl von Geborgenheit. Es war so ähnlich wie eine Umarmung, aber doch ganz anders. Im Nachhinein könnte ich dieses Gefühl natürlich auf meinen Zustand an dem Abend zurückführen, aber es war trotzdem sehr intensiv. Tja, wie heißt es doch so schön: Trennung ist unser Los, Wiedersehen unsere Hoffnung. Oder: Der Tod ist das Tor zum Leben.
So wie ich es verstanden habe, litt Gary mehr an der zunehmenden Schwäche, als an Schmerzen. So war es bei meinem Pa auch. Wirklich starke Schmerzen hatte er nur in den letzten Tagen im Krankenhaus, und die konnten dort mit Spritzen eingedämmt werden.
Was mir besonders zu schaffen macht ist, daß mein Pa irgendwann anfing zu fantasieren (kurz vor seinem Krankenhausaufenthalt). Es begann schleichend und fiel zuerst gar nicht auf. Wo andere plötzlich in der Vergangenheit leben, fing er an, von seinen Hobbies zu fantasieren (er konnte wirklich nahezu alles) und dies auch noch absolut fachgerecht. Mir trieb das die Tränen in die Augen. Doch war es vielleicht den Schmerzen vorzuziehen, wenn nicht für mich, so doch mit Sicherheit für ihn. Ich hoffe, auch dein Gary hat am Ende nicht viel leiden müssen, er war ja ganz besonders tapfer, sich noch ins Flugzeug zu setzen, vielleicht waren seine Schmerzen tatsächlich noch ertragbar und er ist am Ende nur "immer weniger und weniger geworden" wie mein Papa.
Es drückt dich
Linchen
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