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Alt 21.07.2002, 10:25
Gast
 
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Standard Liebe Angehörige von Krebspatienten

Guten Morgen allerseits,
eine Weile hat hier jetzt niemand mehr geschrieben, deswegen bin ich in die Sparte für die "Angehörigen" runter gerutscht, um dort mit ihnen zu plaudern. Aber ich sehe, dass hier unter den einzelnen Krebs-Sparten eben auch viele Angehörige sind und Fragen stellen.

Hallo Andrea, Du fragst, wie Du Deiner Schwester helfen kannst, OHNE ihr eine Last zu sein.
Doch die richtige Frage müsste eigentlich lauten, was heisst es, eine Last ZU SEIN!
Stell DIR die Frage, WAS Dich belasten würde, wenn Du schwer krank wärst, Andrea. WAS würde Dich da sehr stören?
Wären es die ewigen Worte wie: "Das wird schon wieder!" ?
Oder wären es Deine Angehörigen, die DIR die ganze Zeit etwas vorjammern, über ihre Rückenschmerzen, ihre Zehenschmerzen?
Oder wären es Angehörige, die Dir alle volle Stunde ein Telefon machen, um zu fragen, wie es Dir geht?
Oder wären es Angehörige, welche DIR gar nicht richtig zuhören wollen, weil sie Deine Krankheit so schlimm finden, und somit zeigen, dass sie das Thema vor lauter Angst gar nicht erwähnen wollen?
Oder wären es Angehörige, die Dir die ganze Zeit sagen, was Du jetzt zu tun hast, weil SIE ja gesund sind und alles besser wissen?
Oder wären es jene Menschen, von denen Du einfach plötzlich nichts mehr hörst, weil sie sich klammheimlich zurück gezogen haben?

Es gibt viele Punkte, die eine LAST für den Betroffenen sein können, wenn man ein bisschen genauer hinschaut und sich in den Patienten hinein zu versetzen versucht. Und sobald man dies versucht, erkennt man auch, dass es da aber auch sehr viele Punkte gibt, mit welchen man dem Patienten HELFEN kann.
Zum Beispiel hilft die blosse Anwesenheit schon sehr viel (sofern es kein Aufdrängen ist). Die Liebe der Angehörigen. Das Begleiten. Das Zuhören. Das Verstehen. Das Gespräch (ohne Befehle zu geben). Das Fragen, WIE man helfen könnte (darauf kann der Patient am besten eine Antwort geben), das Ehrlichsein, das Zugeben der eigenen Hilflosigkeit, das miteinander Weinen, ... aber auch die Ablenkung, das "andere" wie Geschichten erzählen aus dem Alltag, das miteinander Lachen, das Fröhlichsein, und dieses "etwas" miteinander zu tun oder zu unternehmen ...

All diese Punkte beziehen sich ganz sicher auf die Anfangszeit einer Krebsdiagnose. Am Anfang steckt der Schock noch sehr tief. Aber diese Punkte sind auch wichtig für die spätere Zeit eines Betroffenen. Denn wenn Du einmal Krebs hattest, ... wirst Du für den Rest Deines Lebens damit leben müssen. Der Krebs ist wie ein Mörder, welcher Dir die ganze Zeit auf der Schulter sitzt und Dich hämisch angrinst.
Ja, man muss lernen, mit diesem Mörder zusammen zu leben, doch das WEISS jeder Krebsbetroffene, das braucht man ihm nicht erst zu SAGEN! Es ist also ein Lernprozess, welcher Wochen, Monate, ja manchmal auch JAHRE dauern kann. Und dieser Lernprozess zu LERNEN, ... ist nicht gerade einfach.
Angehörige machen einen ähnlichen Lernprozess durch. Auch hier kann es lange dauern, bis sie gelernt haben zu akzeptieren und damit zu leben, auch wenn es nicht sie selber betrifft. Immerhin kann ich (als Selbstbetroffene) sagen: Es LOHNT sich, diesen Lernprozess durch zu gehen ...

Ja, hallo Doris, ... so gesehen hat der Krebs einen Sinn. Man könnte zwar echt auf den Sch... verzichten, allerdings, ... doch wenn man zurück schaut, GIBT es irgendwo einen Sinn. Positiv oder Negativ, spielt keine Rolle. Denn beides gehört zum Leben ...

Ganz herzliche Sonntagsgrüsse
von Brigitte
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