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Alt 20.09.2017, 23:07
lotol lotol ist offline
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Standard AW: Er wird sterben...

Liebe Kaffeetrinkerin,

Zitat:
Methadon gibt einem keiner. Das ist keine Option. Habe viel probiert. Außerdem bringt das Methadon ja nur was, wenn er noch mal Chemotherapie machen könnte. Davon muss man sich aber verabschieden. Von dieser Hoffnung...
Denke, es ist nicht richtig, das so zu sehen.
Denn Methadon ist längst ein allseits anerkanntes (und damit "zugelassenes") Schmerzmittel, dessen Verabreichung an sich unabhängig davon ist, ob jemand (noch) kurativ oder (nur noch) palliativ behandelt wird.

Richtig ist sicher, daß sich manche Ärzte "zieren", Methadon zu verschreiben.
So lange sie das begründet im Interesse des Patienten tun, ist das auch i.O.

Andererseits gibt es aber auch noch ein selbst bestimmtes Eigeninteresse von Patienten, z.B. auf Schmerzfreiheit, die ja relativ problemlos mit div. Medikamenten erreicht werden kann.
Z.B. auch mit Methadon.
Hinweise dazu, die ich im Forum (wg. NB) nicht geben kann/darf, schickte ich Dir per PN.

Zitat:
Wieder eine kurze Nacht, die von von einem Schmerzanfall beendet wurde.
Ich bin dann immer so hilflos. Er ist kein Weichei. Wenn er heult vor Schmerz, dann ist es hart. Wenn dann mach 20min das Schmerzmittel wieder wirkt, dann ist die Erleichterung sooo groß.
Schlimm, lesen zu müssen, daß jemand gezwungen ist/wird, vor Schmerzen heulen zu müssen und auch deshalb nicht mehr richtig schlafen kann!
Noch dazu, wenn er ohnehin schon "schwer angeschlagen" ist.

Ich bin kein Arzt, weiß jedoch definitiv, daß allein permanenter Schlafentzug dazu genügt, Menschen relativ schnell "fix und fertig" machen zu können.
Gehört übrigens zu weltweit üblichen Folter-Methoden.

20 min, bis ein Schmerzmittel wirkt??
Würde ich (in einer vergleichbaren Lage wie Dein Mann) niemals akzeptieren.
Weil das "finsterste Steinzeit" ist, wenn es darum geht, Schmerzfreiheit erreichen zu können.

Methadon als Schmerzmittel kann im Einzelfall auch unerwünschte Nebenwirkungen haben.
Es hat aber auch unbestreitbare Vorteile, die Du überall im Netz und auch hier im Forum nachlesen kannst. Wie z.B.:

1) Sehr schnell wirksam.
In wässriger Lösung ca. 5 min.

2) Kein "Kick" bei Einnahme und auch keine "Abhängigkeit" davon.

3) Greift keinerlei Organe an.

4) Wird normalerweise über die Leber abgebaut und hat normalerweise auch keinen negativen Einfluß auf die Nierentätigkeit.

5) Wird die tägliche (Gesamt-)Dosis-Zufuhr auf zwei Mal "aufgeteilt", kann über 24 Stunden lang Schmerzfreiheit erreicht werden.

6) Die tägliche Gesamtdosis ist in weiten Bereichen variierbar.
Zunächst, ohne daß Gefahr besteht, daß ein Patient an M-Zufuhr stirbt.
Am Ende des Weges spielt es dann letztlich keine Rolle mehr, ob ein Patient an seiner Krankheit stirbt oder an M-Zufuhr.

1) Erübrigt sich normalerweise, weil 5) permanent greifen kann.


Zitat:
Irgendwann ist es besser, der Wahrheit ins Auge zu sehen und das beste daraus zu machen.
Wenn er am Schmerzmittel sterben sollte, dann ist das ein Segen. Besser als ein Krebsalternativtod. Dünndarm geht zu... Diese Schmerzen sind nicht auszuhalten.
Ja dieses Schweigen. Ich würde so gerne noch so viel reden. Aber er will nicht. Doch das wichtigste ist einfach gesagt. Alles andere wäre eine Wiederholung. Und würde nur immer wieder vor Augen führen, dass er stirbt. Aber er will Normalität. Will auch, dass ich eine starke Frau bin. Die braucht er jetzt, sagt er.
"Normalität" ist immer relativ.
V.a. dann, wenn es um's Sterben geht.

Ich kann mir allerdings nicht so recht vorstellen, daß Dein Mann kein Interesse daran hat, darüber zu reden, wie er zu sterben gedenkt.
Oder ist es ihm völlig wurscht, unter welchen Schmerzen er evtl. sterben muß?

Aha - er will manches mit Dir einfach nicht mehr bereden.
Provozier ihn doch bitte einfach mal, und frag ihn, wozu er dann noch eine "starke Frau" braucht/haben will??

V.a. dann, wenn er (schlimmstenfalls) gar nicht mehr in der Lage dazu ist, irgendetwas beeinflussen zu können, das ihm "gut tun" kann.
Hat er Dir eine (schriftliche) Vollmacht gegeben, dann (ersatzweise für seine mangelnde/versagende Willens-Äußerung) handeln zu können??

Naja - es gibt schon Männer, die weitestgehend alles "mit sich selbst" abzumachen gewöhnt sind.
In Verkennung der Tatsache, daß immer noch "vier Augen" mehr sehen als zwei.

Eingangs sprachst Du davon:
Zitat:
Ich befinde mich im persönlichen Horrorfilm, der nur endet, wenn er stirbt.
Meinst Du nicht, daß es im Grunde genommen zwei Horrorfilme gibt?
Den Deinigen und den Deines Mannes.

Beide Filme enden zwar mit dem Tod Deines Mannes, müssen jedoch nicht identisch sein.
Kennst Du den Horrorfilm Deines Mannes?
Wovor er evtl. "Horror" hat, bis er stirbt?

Wohlbefinden herstellen zu wollen ist eine (ehrenwerte) Sache.
Eine ganz andere ist es aber m.E. über Grenzwertigkeiten zu sprechen und Einigung darin erreichen zu wollen.

Frag doch Deinen Mann einfach mal, ob ihm der derzeitige Verlauf (incl. der zu erwartenden Verschlimmerungen) in seiner Entwicklung taugt oder nicht.
Ist es das, was er in seinem Horrorfilm erwartet??

Denke, diese Frage geht an sich noch viel tiefer:
Dahingehend, wie Du seine Horrorvorstellungen "mildern" kannst.
Vielleicht braucht er genau hierbei Deine Stärke und Deinen Beistand.

An Deiner Stelle würde ich darauf bestehen, zumindest hierin Klarheit zu schaffen.
Frag Deinen Mann bitte klipp und klar, und verlang auch Antworten von ihm!

Denn schweigen kann man m.E. nur bei Übereinstimmungen des Empfindens jedweder Situation.
In ungewohnten Situationen ist diese Übereinstimmung aber alles andere als selbstverständlich.
Und sie bedarf deshalb auch der Feststellung.

Völlig klar ist, daß der Horrorfilm Deines Mannes mit seinem Tod endet.
Dein Horrorfilm muß aber nicht zwangsläufig damit enden:
Er könnte insofern weiter andauern, als Du Dich evtl. fragen müsstest, nicht alles hinreichend genug vor dem Tod Deines Mannes geklärt zu haben.
Und zwar so, daß nach seinem Tod nicht irgendein "Versäumnis" Deinerseits in Dir "fressen"/Dich belasten kann.

Nur dann, wenn Du das ausschließen kannst, endet auch Dein Horrorfilm mit dem Deines Mannes.
Frag also lieber einmal zu viel als zu wenig nach, so lange das unter Euch beiden noch möglich ist.

Denke, unter sich Liebenden sollte das auch kein Problem sein, selbst bei Grenzwertigem Verständnis füreinander zu haben.
Hatte/hat man ja sonst auch.
Warum also nicht auch bei Ungewohntem?


Liebe Grüße
lotol
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Krieger haben Narben.
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1. Therapie (2016): 6 Zyklen R-CHOP (Standard) => CR
Nach ca. 3 Jahren Rezidiv

2. Therapie (2019/2020): 6 Zyklen Obinutuzumab + Bendamustin => CR
Nach ca. 1 Jahr Rezidiv, räumlich begrenzt in der rechten Achsel

3. Therapie (2021): Bestrahlung
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