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Alt 28.06.2007, 15:58
Maus_85 Maus_85 ist offline
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Standard AW: Panische Angst vor Metastasen

Hi Silvia!

Danke Jetzt gehen die abende einigermaßen, dafür kommt`s tagsüber ganz unvermittelt... Egal, wie man es dreht und wendet, es ist beschissen. Meine wichtigste Bezugsperson ist nicht mehr da. Sie war Zeit ihres Lebens mehr für mich als "nur" eine Mutter - sie war miene beste Freundin, meine Seelenverwandte. Das Band zwischen uns war sehr stark, wir haben einander angesehen und gewußt, wie sich der andere fühlt, was er denkt, oft im gleichen Moment das Selbe gesagt, was der andere gerade gedacht hat. Wir hatten eine nicht ganz alltägliche Mutter-Tochter-Beziehung. Abgesehen davon, dass wir öfter für Schwestern bzw. Freundinnen gehalten wurden als für Mutter und Tochter Das hat mich jedes mal gefreut, meine Mam auch, und wenn mir heut jemand sagt, ich hätte ihr Lächeln oder ihre Augen oder würde mich am Telefon manchmal anhören wie sie, ist das ein schönes Gefühl, weil es mir vorkommt, als würde sie durch mich ein Stück weit weiterleben. Dass sie das in unseren Herzen und Gedanken tut, weiß ich, aber dass sie durch Details an mir weiterhin präsent ist, ist einfach eine schöne Vorstellung.

Glaube mir, ich lasse meine Tränen zu und ich schäme mich ihrer auch nicht, selbst wenn es mich beim Einkaufen übermannt und mir eine Träne (oder zwei) runterkullern. Manch einer sieht mich komisch an, andere ignorieren mich, wieder andere blicken fragend. Denen sag ich es auch. "Meine Mutter ist vor knapp zwei Wochen gestorben." Dann wird der Blick weich und mitfühlend, ein kurzes Lächeln, dann gehts wieder weiter. Wenn ich mit Freunden weg bin, flechte ich sie hin und wieder mit in das Gespräch ein. Am Samstag war ich mit meinem Freund am Lech ein Eis essen, bei einem wunderschönen Sonnenuntergang. Sah toll aus, wie sich das Licht im Wasser gespiegelt hat und dann an der Staustufe gebrochen ist. Ich hab mir ihre Lieblingssorten gekauft, Joghurt und Zitrone, in der Waffel. Dabei hab ich gadacht: Mam, das schleck ich für dich mit! Ich denke oft an sie, versuche auch, in ihrem Sinn zu handeln. Nicht hängen lassen, das hätte sie weder gewollt, noch selbst getan. Doch ich ertappe mich bei dem Gedanken, weg zu wollen, einfach weg. Nicht aufgeben, auf keinen Fall! Es ist nicht so, dass jetzt alles sinnlos ist für mich, also nicht falsch verstehen! Es ist nur so, dass mir der Alltag im Moment zu schwer ist, zu viel. Waschen, büglen, putzen, einkaufen, kochen... All die Dinge, bei denen ich ihr sonst geholfen hab, die wir gemiensam gemacht haben, bleiben nun überwiegend an mir hängen. Und das wird mir in Kombination mit der Trauer, die sich langsam aber sicher immer mehr Bahn bricht, einfach zu viel. Ich würde am liebsten eine oder zwei Wochen am Stück zu meinem Freund fahren, im Haus ein bisserl mithelfen, Rasen mähen, die Landschaft genießen, lange spazieren gehen.

Ich denke, das mach ich auch. Ich werkle derzeit auf Sparflamme, was meine Energie angeht, würde aber meine Akkus gern wenigstens halb voll bekommen.

Nachts ich wie ein Stein und wach genauso müde auf, wie ich war, als ich ins Bett gegangen bin. Das kann`s einfach nicht sein.

Was mir auch guttut sind die Gespräche mit meiner Psychologin. Mit der hat meine Mam auch immer gut reden können (als sie im KH war) und als sie gestorben war, haben wir das dann in Anspruch genommen. Sie kannte meine Mam, daher kann ich gut mir ihr auch über sie reden. Das empfehle ich übrigens jedem, der entweder in der gleichen Situation ist wie ich gerade oder der um einen geliebten Menschen bangt. Reden hilft. Es tröstet einen. Das Reden hier im Forum empfinde ich als ebenso hilfreich, jedoch tut der persönliche Kontakt auch gut.


Ich meld mich wieder und wünsche euch da draussen alle Kraft, damit ihr die schwere Zeit, sei es als Betroffener oder als Angehöriger, so gut als möglich meistern könnt!


GLG, Nadine
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