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Alt 15.06.2017, 01:00
TaraN TaraN ist offline
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Beitrag Mein Vater ist am Sterben, Sorge um den Rest der Familie und Zukunft

Hallo liebe Mitglieder,

Seit längerem lese ich im Forum mit und habe mich nun entschieden selber einen Beitrag zu verfassen. Ich denke es hilft sich mit Menschen auszutauschen, die einen ähnlich schweren Weg beschreiten. Auch wenn ich mir wünschte, dass niemand dieses schwere Leid durchmachen muss.

Bei meinem Vater (58) wurde Anfang dieses Jahres ein metastasiertes Siegelringkarzinom (Magen) festgestellt. Die erste Chemo hat er nach dem FLOT Schema erhalten. Zunächst hat diese auch prima gewirkt und ihn für kurze Zeit sogar in Remission versetzt. Leider ist das "Monster" nach dem ersten abgeschlossenen Zyklus weiter metastasiert und hat auch andere Organe, neben Magen und Bauchfell, befallen. Nach 6 Wochen Krankenhaus Aufenthalt, inklusive Lungenentzündung und fehlgeschlagener Darm-Sonden OP, wurde mein Vater endlich entlassen. Er ist auf seinen eignen Beinen ins KH gekommen und hat das KH bettlägerig und komplett geschwächt verlassen. Die nächsten Chemos sind bereits angesetzt, jedoch wissen wir als Familie nicht, ob eine Chemo in seinem Zustand überhaupt noch in Frage kommt.

Uns macht der generelle Zustand meines Vaters sehr zu schaffen. Er kann nur noch mit extremen Mühen kommunizieren und liegt eigentlich fast nur noch im Bett. Er ist zudem sehr abgemagert, so wie man sich einen schwerkranken Krebspatienten auch vorstellt. "Essen und Trinken" erfolgt intravenös, da der Tumor den Magen komplett verschlossen hat.

Es fällt mir extrem schwer meinen sonst so vitalen und glücklichen Vater so zu sehen. Was mir noch mehr aufs Herz schlägt, ist meine Familie so leiden zu sehen. Ich selber habe gerade mein Studium beendet und stehe am Anfang meiner Karriere. Ich denke mir "komm das schaffst du schon irgendwie, hast ja genug Ablenkung". Jedoch fürchte ich mich, was mit meiner Mutter sein soll, wenn mein Vater uns irgendwann verlässt, was auch leider bald bevorstehen könnte.

Ich versuche der Familie eine Stütze zu sein und so viel wie möglich zu tun um diese schreckliche Situation etwas angenehmer zu gestalten. Ich pendle non stop hin und her (die letzten 5 Monate bin ich alle 2 Wochen aus dem Ausland, wo ich studiert habe, eingeflogen), jedoch packt mich dann das schlechte Gewissen, wenn ich unter der Woche mal nicht da sein kann. Ich habe einfach Angst, etwas könnte passieren und ich bin nicht da. Nicht da für meinen Vater und für meine Mutter, die wirklich an ihren letzten Energiereserven hängt. Ich kann meine Gefühle nicht eimal reflektieren, da ich ständig das Gefühl habe, stark bleiben zu müssen. Es gelingt mir tatsächlich gut, meine Gefühle zu unterdrücken, oftmals wünsche ich mir jedoch einfach nur allein zu sein um nachzudenken und um zu begreifen, was eigentlich gerade um mich herum geschieht. Wenn ich mich nicht um meinen Vater sorge, dann sorge ich mich um meine Mutter oder meinen Bruder. Und so bewege ich mich im Teufelskreis.

Ich weiß nicht genau, wie es weitergehen soll. Ich habe mir die Maxime gesetzt, Brücken erst zu überqueren, wenn es soweit ist. Jedoch müssen einige Dinge geklärt werden wie bspw. ob es mit der Chemo weitergehen soll. Wir haben zudem auch ein Haus, in dem meine Mutter alleine verbleiben würde, wenn der Fall der Fälle eintrete. Ich habe zudem mit meinem neuen Job angefangen und schaffe es zeitlich einfach nicht mehr, meinen Eltern 24h zur Seite zu sehen. Ich sehe einfach sehr viele Konflikte die es mir unheimlich schwer machen die Balance zu erhalten. Ich sorge mich einfach extrem um das Wohlbefinden aller Beteiligter. Ich sorge mich auch um meine Zukunft, welche wie ein fragiles Konstrukt derzeit wirkt. Meine angesetzten Zukunftspläne hängen momentan in der Schwebe und ich weiß nicht, ob ich sie antreten werde.

Ich habe das Gefühl, dass ich erst wieder glücklich sein kann und meine Pläne realisieren, wenn die Stürme vorbei gezogen sind und ich sehe, dass es allen Beteiligten besser geht. Dann kann ich mich auch wieder um mich selbst kümmern. Eigentlich total bescheuert, weil ich weiß, dass das weder mein Vater, noch der Rest der Familie möchte.



Ich danke schon eimal allen, die meinen dann doch sehr langen Beitrag gelesen haben.
Wie habt ihr den Spagat zwischen Sorge und Weiterleben gemeistert?

Ich drücke euch fest, eure TaraN
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