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Alt 28.01.2009, 21:37
Geske Geske ist offline
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Standard Zuhause verstorben

Zuhause verstorben

Ein Thread für Hinterbliebene und zu Hause pflegende Angehörige, gern auch für Personen, die Ihre Lieben in professionelle Pflege geben mussten, weil eine Pflege Zuhause nicht möglich war.

Liebe Forumsuser,
ich beginne hier mal einen neuen Thread über das Sterben von an Krebserkrankten in ihrem Zuhause.
Ich will keinen dieser beiden Wege Zuhause/ Krankenhaus bewerten. Mir geht es vielmehr um einen Gedankenaustausch mit Hinterbliebenen in ähnlicher Situation, aber auch mit Angehörigen, die jetzt schon absehen können, dass sie diesen Weg in absehbarer Zukunft gehen müssen.

Mein Mann ist vor fünf Monaten infolge eines Krebsleidens zu Hause verstorben, damit ist er den Weg gegangen, den er sich schon seit sehr langer Zeit für den Notfall vorgenommen hatte. Nach einer ersten Krebserkrankung 1973 (wir leben damals schon zusammen) und anschließender Bestrahlung lebten wir über 30 Jahre ein insgesamt „normales Leben“, jedoch nicht ganz ohne physische und psychische Belastungen, so dass wir über das Sterben vielleicht häufiger nachgedacht und gesprochen haben als „Gesunde“.

Es war von vornherein klar, dass mein Mann zu Hause bleiben möchte, diesem Wunsch wurde auch entsprochen, mit der Begleitung durch einen Hausarzt. Hier fängt das Problem schon an: Der Hausarzt verschreibt Medikamente, schaut mal vorbei – kurz wie in der Sprechstunde, aber eben nur zu Hause. Ein Palliativdienst ist zwar gleich am Anfang gekommen, aber das war wohl zu früh, mein Mann wollte so wenig Schmerzmittel einnehmen wie möglich, die körperliche Pflege hat er mit meiner Hilfe allein erledigt, was sollte der ambulante Palliativdienst also bei uns tun.

Gespräche mit einer ehrenamtlichen Sterbebegleitung - einer ihm unbekannten Person, zu seinem ganz persönlichen Befinden -lehnte mein Mann ab. Er hat seine Situation mit sich selbst abgemacht und in Gesprächen mit mir. Familienmitglieder und ein Freund haben sich „gelegentlich“ telefonisch gemeldet, aber dann auch überwiegend von ihren eigenen Problemen erzählt. Entferntere Bekannte, die sich spontan zu Besuchen bereiterklärt hatten, wollte mein Mann, so gebrechlich wie er sich vorkam, nicht mehr empfangen. Es wurde um uns recht einsam, da wir auch nicht mehr mobil waren. Im August letzten Jahres spitzte sich der gesundheitliche Zustand zu, jetzt musste ein Pflegedienst eingeschaltet werden, weil mein Mann bewegt werden musste, dazu wurden starke Schmerzmittel erforderlich. Ich habe mit dem Palliativdienst, einer Diakoniestation gleich in unserer Nähe keine guten Erfahrungen gemacht. Es kamen nacheinander zwei leitende Mitarbeiterinnen zur Besprechung, aber auch gleich mit der Ansage, dass die Gabe des Schmerzmittels nicht von ihnen erledigt wird, das erledigte eine Pflegekraft - einmal, mein Mann ist kurz darauf verstorben.

Der Palliativdienst wirbt dafür, mit Fachpersonal die Sterbebegleitung zu übernehmen - bei uns bestand die Begleitung aus zwei Telefonaten mit der Nachfrage, ob mein Mann ruhig atme. Als er dann verstorben war, kam nichts mehr, keine Nachfrage, kein Beileid, auch vom Hausarzt nicht. Der Fall war medizinisch abgeschlossen.

Mein Mann wollte friedlich sterben und eigentlich wollte er den Zeitpunkt selbst festlegen, aber das ist uns in unserer Kultur ja verwehrt bzw. es ist sehr schwer, das selbst zu steuern, zumal die Ehefrau (ich) damit ohne Begleitung psychisch überfordert gewesen wäre, dachte ich zumindest. Mein Mann ist eines natürlichen Todes verstorben, aber sein plötzliches Ende hat ihn dann doch wohl selbst überrascht, mich auch. Er ist auch relativ ruhig verstorben, wir haben das gerade noch so hinbekommen, d.h. wirklichen Einfluss hat man da nicht mehr.

Geholfen haben mir die Berichte einiger „Töchter“ aus dem Angehörigenforum des KK. Diese Threads liefen unauffällig, und ich habe (nur) still mitgelesen. Die häufigen Verweise auf PN-Schriftverkehr, wären für mich keine Lösung gewesen, da ich hier im KK niemanden näher kannte. Eine Kontaktaufnahme gestalte sich für mich insofern schwierig, da die meisten Threads von Hoffnung getragen wurden. Mein Mann konnte sich damit nicht anfreunden, er wollte nicht von Hoffnung per PC inspiriert werden, er wollte sich mit seinem Lebensweg real ohne Verschönerung der Realität auseinandersetzen.

Ich schreibe unsere Geschichte hier rein, um vielleicht mit Personen, die auch ähnliches erfahren haben, oder den Weg in absehbarer Zukunft vor sich haben, ins Gespräch kommen. Hätte ich vorher schon einen aktiven Erfahrungsaustausch gehabt, wie er hier im Forum schon einmal begonnen hat, dann aber leider abgebrochen wurde, wäre ich vielleicht weniger verkrampft mit der Situation umgegangen (ich bin leider keine Krankenschwester).

Ich bitte alle eventuellen Beitragsschreiber diese Thematik zu beachten und wertende Kommentare zu Fragen der Moral an einem anderen Ort zu besprechen. Ich habe auch nicht an Hinweise darauf, wo man professionelle Hilfe erhalten könnte gedacht, oder an Ratschläge wie man es besser machen könnte.

Es würde mich freuen, wenn ich hier mit Betroffenen ins Gespräch kommen könnte.

Liebe Grüße
Geske

Geändert von Geske (28.01.2009 um 21:50 Uhr)
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