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Alt 21.12.2003, 19:37
Gast
 
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Standard Hallo, auch wir sind betroffen

Liebe Karola,

habe erst heute Deine Berichte gelesen und kann Dir von daher leider auch erst heute antworten.

Schön, daß die OP so gut verlaufen ist und daß Pankreas und Niere noch nicht infiltriert waren! Für die Histologie drücke ich Euch die Daumen. Hier ist es natürlich wichtig zu wissen, ob die umliegenden Lymphknoten "frei" waren. Nun braucht Deine Mutter sicher etwas Zeit, sich von der OP zu erholen.
Anschließend sollte in jedem Fall neben einem Knochenszintigramm noch ein CT- Thorax durchgeführt werden. Wie ich Deinen Berichten entnehmen konnte, sind bisher nur Röntgen-Aufnahmen der Lunge gemacht worden. Die sind definitiv zu ungenau und haben bei kleineren Metastasen KEINE Aussagekraft!
Bzgl. Deiner Erfahrungen mit der Durchsetzung einer diagnostischen oder therapeutischen Massnahme kann ich Dir nur sagen, daß es uns nicht anders erging. Gott sei Dank wußte ich als Krankenschwester, welche Massnahmen wichtig bzw. sogar zwingend erforderlich sind und benötigte aufgrund meines "Outings" nur wenige Anstösse bei der Ärzteschaft, um die "Dinge" in die richtige Bahn zu lenken. Aber die Frage, was passiert bei Patienten, die nicht so gut informiert sind, ist mir hier im Krebskompass schon oft beantwortet worden. Die Patienten werden zum Teil nach der OP als "geheilt" entlassen, man gibt ihnen mit auf den Weg, doch mal so jährlich ein Sonogramm durchführen zu lassen ( was absolut zu ungenau ist )und nach einiger Zeit kommt dann das böse Erwachen. Da kannst du dann lesen: aber mein Vater / Mutter ist doch vor.... operiert worden und danach war alles in Ordnung, haben die Ärzte gesagt. Er wurde als geheilt entlassen. Auch im Sonogramm ( wenn es denn überhaupt gemacht wurde ) war doch nichts festzustellen und jetzt hat er / sie .........! Teilweise sind bei diesen Patienten weder CT nocht Szintigramm jemals gemacht worden, oder nach positiven Lymphknoten ist keine weitere Therapie mehr vorgeschlagen oder eingeleitet worden, oder man hat sie nicht über die richtige Nachsorge aufgeklärt, oder, oder, oder.....
Da sind mir schon manchmal graue Haare gewachsen, wenn ich das gelesen habe! Und unsere persönlichen Erfahrungen stammmen übrigens aus Uni-Kliniken - da ist es also auch nicht besser.

Ich glaube aber, man darf nicht nur der Gesundheitsreform die Schuld in die Schuhe schieben. Die Kostenfrage spielt sicher immer mit eine Rolle, aber häufig liegt es auch am Engagement des Einzelnen und seiner persönlichen Einstellung zur Therapie einer Krebserkrankung. Anders kann ich mir Aussagen von Ärzten wie : "für die Immun-Chemo geht es Ihnen noch viel zu gut, damit warten wir erst noch" bei positivem Lymphknotenbefund nicht erklären ( ist uns nicht passiert, aber hier schon berichtet worden ). Denn diese Therapie ist definitv AUSSCHLIESSLICH in ansonstem gutem AZ durchführbar. Oder, daß man erst gar nicht mehr versucht zu operieren oder eine andere Therapie durchzuführen und dem Patienten auf den Weg gibt: Machen Sie sich mal noch eine schöne Zeit! Und daß nicht unbedingt mit einsehbarer Erklärung, daß also die Erkrankung definitiv zu weit fortgeschritten ist oder der Patient in zu schlechtem AZ ist.

Ich denke einfach, daß wir den "mündigen" Patienten brauchen ( oder nahen Angehörigen ), der sich umfassend schlau macht, kontinuierlich hinterfragt bei den Ärzten, und teilweise wirklich auch insistiert bzw. ggf. den Arzt oder die Klinik wechselt ( betrifft übrigens leider auch manchmal das Pflegepersonal ). MEHRERE Arztmeinungen einholen bei Zweifelsfällen ist z. B. auch immer eine Devise, die ich gerne anrate! So ist es leider!

Als ich mit meinem Mann zu Anfang seiner Diagnose darüber gesprochen habe bzw. er erlebt hat, WAS teilweise in Kliniken erforderlich ist, war er fassungslos. Er sprach in solchen Situationen immer vom "SB-Krankenhaus" und fragte mich immer überspitzt, ob er denn demnächst auch nach dem Standard "SB" noch sein eigenes Skalpell mitbringen muss und ggf. bei der OP assistieren müsse. Traurig, aber wahr. Ich kann wirklich nur jedem an die Hand geben, kritisch zu sein, kontinuierlich, wenn etwas unklar ist, zu hinterfragen, unbequem zu sein, und vor allen Dingen best-möglich informiert zu sein, um ein möglichst kompetenter Gesprächspartner für den Arzt zu sein. Auch mein Mann hat das mitllerweile eingesehen.
Aber Gott sei Dank gibt es auch manchmal den engagierten Arzt, der sich ggf. auch mit Krankenkassen auseinander setzt, seinen Beruf noch als Berufung auffasst und sich bemüht, DAS für seinen Patienten zu tun, was er für richtig hält und sich ggf. auch damit über "Systemanordnungen" hinwegsetzt. Sonst hätte ich, glaube ich, in der Medizin schon gänzlich verzweifelt.Es hat mich unabhängig von der Erkrankung meines Mannes im Klinikalltag nach vielen Berufsjahren ( lange Jahre u. a. Intensiv-Medizin )auch so schon oft genug zuviel Nerven gekostet, mich häufig fragen zu müssen, weshalb manch einer Mediziner geworden ist!
Aber so ist nun einmal leider die Realität. Wir werden die Welt nicht ändern können, wir werden nur uns selbst ändern können.

In diesem Sinne viel Kraft und ggf. "Kampfgeist".

Alles Liebe und Gute,

Ulrike
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