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Alt 15.08.2007, 08:06
shalom shalom ist offline
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Standard AW: Wie lange habt Ihr gebraucht um Euch von den Sachen Eurer Lieben zu trennen??

Hallo,

aus einigen meiner ganz frühen Beiträge in meinem Thread: „Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit“ (dort habe ich auch meine Art des Loslassens von persönlichen Dingen beschrieben):

Es ist gut alles zuzulassen, was mit Trauer, Tod und Abschiednehmen zu tun hat. Es ist gut, der Seele Raum zu geben, denn sie hat während der Krankheit des Partners sich für ihn verzehrt. Es ist gut zu weinen und laut zu sprechen, es löst die Spannungen der Seele. Es ist auch gut zuzulassen, etwas Neues zu beginnen, jetzt wieder etwas zu genießen. Es ist auch im Sinne des nicht mehr vorhandenen Partners.

Es ist gut, der Seele Raum zu geben, nach vorne zu sehen, das Leben neu zu ordnen und vielleicht sich auch wieder anderen zu öffnen. Seele und Gefühl werden signalisieren, was zu tun ist und wann es zu tun ist.

Jeder wird SEINEN Weg finden mit SEINER Trauer umzugehen.

Meine Frau und ich haben uns sehr lange auf den Abschied vorbereiten können, schmerzlich war es, aber notwendig: das Loslassen.

Nach ihrem Tod befand ich mich im Zustand des Losgelassenseins, ein wenig hilflos, orientierungslos. Jede Frau, die mir begegnete, wurde mit ihr verglichen. Ich habe das zugelassen, weil es wohl gar nicht anders geht als derartige Vergleiche anzustellen.

Es hat eine Zeit gedauert, bis meine Seele akzeptierte, was mein Verstand schon eher wusste: Behalte deine Frau in Erinnerung, das kann Dir keiner nehmen. Es war einzigartig mit ihr. Nun lasse sie bitte auch gehen, denn sie hat einen Bereich betreten, der für Dich nicht erreichbar ist. Du lebst hier weiter, Du darfst es, Du sollst es, Du darfst sogar Freude am Leben haben. Nimm Dein neues Leben nun in die Hand. Tue das, was Du für richtig hältst, Du bist frei.

Nach ihrem Tod bin ich systematisch die vielen (für Sie doch immer mühsamer werdenden) Spazierwege gelaufen: Alleine, mit vielen Tränen, im lautem Gespräch mit ihr, obwohl sie nicht mehr bei mir war. Aufsuchen von gemeinsam besuchten Orten und Plätzen incl. des Hospizes, indem sie die letzten zwei Tage ihres Lebens war. Wenige Tage nach Ihrem Tod habe ich Kleider, Schuhe der Caritas übergeben. Hier half die beste Freundin meiner Frau. Entfernen der umfangreichen medizinischen Dokumente.

Mein ganz persönliches Fazit ( Trauer, Krankheit, Tod):

Trauer braucht Zeit; der Trauer muss ich mich stellen; über Trauer muss ich reden können; der geliebte Mensch lebt überall in Erinnerung weiter, aber man muss sich nicht jeden Tag Schmerzen zufügen durch Anschauen, Fühlen z.B. von Kleidung.

Ich habe NICHTS verdrängt, ich habe jedoch für mich keinen "SCHREIN" der Erinnerung aufbauen wollen.

Wenn überfallartig Szenen der Vergangenheit als "Trauerwolken" über mich kamen: Ich habe Sie kommen lassen, die dunklen Wolken angeschaut, sie gefragt, wo sie denn gerade herkommen und sie wieder ziehen lassen.

Mit lieben Grüßen
Shalom
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Es ist nicht genug zu wissen, man muß es auch anwenden.
Es ist nicht genug zu wollen, man muß es auch tun.


(Johann Wolfgang von Goethe)
"Wilhelm Meisters Wanderjahre", 3. Buch, 18. Kapitel
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