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Alt 18.06.2012, 18:05
Chrissyh Chrissyh ist offline
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Registriert seit: 18.06.2012
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Standard Neu hier- möchte mich vorstellen

Hallo, bin neu hier und wollte mich kurz vorstellen.
Ich bin 41 jahre alt. Im Alter von 2 jahren im jahr 1972 erkrankte ich in Karl- Marx- Stadt (heute Chemnitz), DDR ,an akuter lymphatischer Leukämie. Es wurde Bestrahlung, Chemotherapie und Bluttransfusion gemacht.
Die Behandlung dauerte bis 1975. Danach 10 jahre Nachsorge. Da wurde dann regelmäßig Knochenmark aus dem Oberkörper rausgezogen zur Untersuchung. Direkt danach mußte ich dann in die Schule , wo ich vor Schmerzen nicht mal grad sitzen konnte geschweige denn mich ich zu konzentrieren.
Und obwohl der Kopf damals bestraht wurde kam niemand auf die Idee meine Augen zu überprüfen. Bei der Untersuchung vor der Einschulung wurde das auch nicht bemerkt, und auch meine Eltern sahen nicht , das ich schielte. Als ich 10 jahre alt war schickte man mich zum Augenarzt, der sagte das man nichts machen kann, der Sehnerv von dem linken Auge ist gar nicht entwickelt und ich habe kein räumliches Sehen.
Jahrelang stellte ich fragen, was ich denn hab, fragte die Ärzte ob ich überhaupt kinder bekommen kann, immer hieß es ich sei völlig gesund.
Als ich 12 war wurden die ersten Knoten in der Schilddrüse entdeckt.

Als ich 18 war mußte ich ins Krankenhaus, da sagte mir meine Mutter so zwischen Tür und Angel, ach wenn die Ärzte fragen was du hattest, das war Leukämie. Ich sagte bitte was? Durch meine Ausbildung zur Apothekenhelferin wußte ich was das ist.
Nach dem Krankenhausaufenthalt brach ich zusammen. Und mein Vater lies keine Gelegenheit aus mir zu sagen, das ich der Mutter nur Sorgen mache und selbst schuld sei das ich krank war. Dann schickte man mich zum Arzt, da bekam ich Psychopharmaka, damit ich ja ruhig bin.

Niemand half mir, mit der Angst zu leben das das wiederkommt. Erst nach der Wende bekam ich eine Bericht über die Behandlung, immer wenn ich das las begann ich zu weinen und konnte jahrelang darüber gar nicht sprechen. 1992 stand in der Zeitung das es damals einen Chemieunfall gab, der vertuscht wurde und das aufgrund dessen über 200 Kinder an Leukämie erkrankten.

Seit Jahren versuche ich Gerechtigkeit zu bekommen, habe an etliche Ämter geschrieben, damit man die Verantwortlichen zur Rechenschaft zieht und denke dabei vor allem an die Eltern, deren Kinder damals starben. Aber das interessiert niemand.
Ich fühle mich wütend und ohnmächtig.

Gesundheitlich habe ich eine Odyssee hinter mir, Schilddrüse entfernt, Eileiterschwangerschaft 2003 bei der ich fast gestorben wäre, und 2012 mußte die Gebärmutter entfernt werden. Bis dahin hatte ich es immer geschafft mich wieder aufzubauen aber seit dem habe ich keine Kraft mehr, fühle mich leer und nicht mehr als Frau. Mein größter Traum, ein Kind zu haben ist für immer vorbei.

Nach zig Operationen im Bauchraum habe ich jeden Tag 24 stunden Schmerzen , linkes Auge fast blind. Und ich bekomme jetzt befristet eine kleine mini Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Auch heute noch habe ich Alpträume von dem Krankenhaus, und mir hat ja nie jemand darüber erzählt.

Jetzt im Jahre 2012 bin ich bei einem Onkologen zur Kontrolle der mir erstmals nach all den jahren die Wahrheit gesagt hat, und zwar das die meisten Chemotherapien zur Kinderlosigkeit führen.

Zu der " Familie " habe ich keine kontakt mehr.
Ich komme mit der ganzen Ungerechtigkeit und Menschenunwürdigkeit auch in dieser Gesellschaft nicht klar.
Und das ich mal ein Mensch war der Träume hatte. Kaum möglich einen Partner zu finden der mich versteht und damit umgehen kann.
Chrissy
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