Thema: Raus damit!
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Alt 15.12.2017, 12:17
Papstanwärter Papstanwärter ist offline
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Standard AW: Raus damit!

Liebe Mitstreiter,

mein Leben ist in eine neue Phase getreten.
Nachdem ich beim Arztgespräch vor vier Wochen über wechselnde, stechende Schmerzen im Bauch- bzw. Leistenbereich berichtete, wurde ein CT-Termin angesetzt.
Letzten Dienstag war es soweit.
Da ich ich am folgenden Mittwoch ohnehin einen Termin in der dermatologischen Abteilung der Uniklinik hatte, nutzte ich die Gelegenheit, um bei "meinem" Professor nach den Stand der Dinge zu fragen.

Nun ja, sein wenig begeistertes Gesicht sprach Bände und er drehte seinen Monitor zu uns, damit wir uns mein Innenleben ansehen konnten.
Lange Rede kurzer Sinn: die Lebermetastase hat sich in vier Monaten fast verdreifacht, der per Ultraschall diagnostizierte Leistenbruch erwies sich als Tumor.
Die Erkenntnis, das die laufende Chemo keine Wirkung mehr habe, konnten wir selbst ziehen.
Er schlug vor, als letzte, möglicherweise wirksame Lösung, die Chemo von Folfiri mit Panitumumab auf Folfox mit Avastin umzustellen. Der Gedanke an Oxaliplatin ließ mich zusammenzucken, mein Körper erinnerte sich schlagartig an die Nebenwirkungen vor fünf Jahren.
Diesen soll jedoch mit der Dosierung entgegengewirkt werden.
Von den Anfangs angepriesenen "drei bis vier weiteren Möglichkeiten" der Chemo war keine Rede mehr. Folfox wäre am erfolgsversprechendsten. Wenn das nichts bringe, bräuchte man die anderen Therapien gar nicht erst versuchen.

Bumms... das saß!

Zudem soll im Januar eine Leberbiopsie durchgeführt werden. Die Gewebeprobe würde dann in Heidelberg bis auf Gen-Ebene zerlegt um daraus zu schließen, ob es in einer Studie mit noch nicht zugelassenen Medikamenten weitergehen kann.
Meine erste Frage: läuft die Biopsie unter Vollnarkose? Natürlich nicht, örtliche Betäubung würde reichen. Meine Gänsehaut fuhr Fahrstuhl, man, bin ich doch ein Angsthase!

Wir brauchten erstmal geraume Zeit, um das gerade erfahrene sacken zu lassen.
Das dumme ist ja: man kennt das Ende vom Lied. Doch wenn dann plötzlich einige Strophen gestrichen werden, fragt man sich doch: wer ist hier eigentlich der Dirigent?
Mir schwirrten so unfaßbar viele Gedanken durch den Kopf, die alle nicht zu fassen waren.
So war der Wunsch, noch einmal zusammen Norwegen bzw Skandinavien zu bereisen, stets im Vordergrund meiner Bestrebungen. Ursprünglich 2016 und dieses Jahr geplant, haben wir es ja verschieben müssen. Vorgesehen war in 2018 Mai/Juni... Jetzt habe ich wahnsinnige Angst, das wird nichts mehr. Vielleicht nicht, weil ich dann nicht mehr lebe, doch wer weiß, ob ich es körperlich noch kann?
Gestern suchte ich krampfhaft nach Worten, um Wanja zu erklären, das ich quasi nicht Herr meiner Sinne sei und selbst erstmal Ordnung in meine Gedanken bringen müsse. Allerdings wollte ich dabei nicht das Gefühl aufkommen lassen, ich würde mich zurückziehen oder gar kapitulieren. Es würde sicherlich nur ein paar Tage dauern, bis ich wieder "der Alte" sei... "Wie soll das denn funktionieren nach der Nachricht?" war die Reaktion. "Es leibt nichts so wie es war! Und es gibt wohl niemanden, der das nicht verstehen wird."

Ich bin so dankbar, Wanja an meiner Seite zu haben.

Nächste Woche Freitag geht es los mit der neuen Therapie, dann habe ich auch etwas über Weihnachten davon. Aber vielleicht geht es wider Erwarten ja auch gut. Positiver Nebeneffekt: die Hautprobleme werden sich in Wohlgefallen auflösen. Wenn schon leiden, dann bitte mit makelloser Haut

Ich wünsche euch allen ein schönes Wochenende und einen friedlichen, schmerzfreien 3. Advent.

Ralf