Thema: Seele
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Alt 23.04.2002, 08:44
Gast
 
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Standard Seele

an Luder (18.03.)/an Renate (20.04.)/an gast(22.04.)- gast, schade, daß Du Deine mail nicht beendet hast. Was wolltest Du uns denn nun damit sagen? Ich hoffe: "Vergeßt das nicht und lebet so, als wenn jeder Tag der wichtigste ist." Für mich heißt "leben mit der Krebserkrankung" zu lernen, im Hier und Jetzt zu leben, mir jeden Tag kleine Wünsche oder Freuden zu erfüllen und nicht in die ferne Zukunft, von der ich gar nicht weiß, wie lang sie ist, zu planen. Genau das hat wohl auch der Psycho(loge?) von Renate mit seinem Tip, die Lebensversicherung zu kündigen gemeint, nämlich erstmal jetzt die Zeit (und das vorhandene Geld) zu nutzen. Mir hat in meiner angstvollsten Zeit der Ungewissheit (das ist jetzt inzw. 10 Jahre her), was nun aus meiner Krankheit wird, sehr geholfen, mich immer wieder von hilfreichen Unterstützern (Psychologen, Selbsthilfegruppenmitglieder, die schon lange gut mit/nach einer Krebserkrankung leben) daran erinnern zu lassen jeden einzelnen Tag zu nutzen, zu sehen was heute ist, was ich heute möchte, was mir heute wichtig ist. Manchmal mit dem Gedanken, wenn Deine Zeit schneller um ist, dann willst Du dies und das jedenfalls noch erlebt haben. Dadurch hatte ich immer wieder kleine Erfolgserlebnisse in kleinen, überschaubaren Abständen und konnte so die Zeit besser aushalten. So habe ich z.B. die Zeit meines Studiums besser rumgekriegt, obwohl ich einige Zeit immer wieder Angst davor hatte, es aus Krankheitsgründen überhaupt nicht zu ende führen zu können. Ich habe die Krankheitsbewältigung als einen langen Prozess, immer wieder auch mit Rückschlägen, erlebt. Aber jetzt weiß ich, daß es gut war, Geduld zu üben und all die kleinen guten Erfahrungen schätzen zu lernen und als wichtige Bestandteile fürs Gesundwerden/bleiben zu sehen. Mit der Zeit habe ich Einstellungsveränderungen zu bestimmten Dingen in meinem Leben festgestellt und lebe inzwischen wirklich an der einen oder anderen Stelle anders (und besser) als vor der Diagnose. Dabei weiß ich, daß meine Erkrankung (Hautkrebs) mich immer noch wieder einholen kann, aber ich habe gelernt, mit diesen Ängsten, die mur noch selten durchkommen, umzugehen. Ohne die Unterstützung oben genannter Leute, zu denen ich die Kontakte immer wieder mal beendet und dann bei Bedarf wieder aufgenommen habe hätte ich das nicht geschafft.
Renate, schade daß Du Dir keinen neuen Psychologen bzw. Psychologin gesucht hast. Manchmal muß man einfach erstmal prüfen, ob die Chemie zu demjenigen, mit dem man persönliche Dinge bespricht, stimmt. Mit jemand anderem könntest Du eventuell viel besser zurecht kommen. Ich habe diese Erfahrung gemacht. Nach fünf Probesitzungen kann man den Therapeuten wechseln. So hatte es mir meine Krankenkasse gesagt und auch ohne Probleme, als ich nach 3 Sitzungen schon von der ersten Therapeutin wegging, mitgemacht.
Also, der langen Rede kurzer Sinn: ich möchte Euch Mut machen, Euch immer wieder Unterstützung zu holen. Mit wem Ihr gut reden oder Eure Zeit gut gestalten könnt und mit wem nicht, das merkt Ihr schnell von selbst.
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