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Alt 13.01.2005, 14:40
Gast
 
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Standard ich könnte den ganzen Tag nur schlafen

Hallo Pascale,

es tut mir leid dass Du Deinen Vater verloren hast. Das ist jetzt natürlich eine schwere Zeit für Dich. Mein Vater ist letztes Jahr im Juni gestorben. Ich kann mir vorstellen was Du jetzt durchmachen musst.

Was meinst Du damit: Du könntest nicht wirklich traurig sein? Meinst Du damit, Du verdrängst es, wärest aber gern traurig?.... Also, ich denke jeder reagiert auf so einen Verlust anders und findet andere Wege damit umzugehen. Niemand kann Dir vorschreiben WIE Du zu trauern hast. Es ist jedoch wichtig dass Du die Gefühle die Du IN DIR HAST zulassen kannst. Manchmal muss man das erst lernen, und manche Menschen können es schon.... aber die Trauer um ein Elterteil ist ein schmerzhaftes und komplexes Gefühl egal wie das Verhältnis zu Lebzeiten war. Es sind nun mal die Eltern.

Ich habe gelesen verdrängte Trauer könne sogar zu Depressionen führen bzw. (langfristig) krank machen. Ich denke aber bei Dir ist es das nicht, dafür ist die Zeit noch viel zu kurz denke ich. Es hört sich für mich nur so an (und das wäre ja auch nachvollziehbar) dass Du einfach erschöpft bist von der Zeit der Krankheit, der Sterbebegleitung, all dem was dann folgt wie Trauerfeier, die Sorge um die Mutter usw. Das sind ganz ungewohnte Belastungen und ich denke dass es normal ist dass Körper und Psyche sich erstmal zurückziehen und erholen wollen. Trotzdem denke ich es könnte Dir helfen wenn Du Dir erlaubst die Gefühle die da irgendwo in Dir sicher sind (auch die Traurigkeit) zuzulassen. Nicht damit andere die es evtl. erwarten könnten die Tränen sehen, nur für Dich allein.

In manchen Situation kann man nicht weinen, das kenne ich auch. Aber man sollte nicht "nicht weinen" weil man es verdrängt oder es sich nicht erlauben will.... es ist doch OK zu weinen (oder wütend zu sein, oder was auch immer). Wie gesagt niemand kann Dir vorschreiben WIE Du zu trauern hast - aber offenbar machst Du Dir ja Gedanken darüber warum es bei dir so ist wie es ist, und ich kann natürlich nur eine Vermutung anstellen, ganz ohne Dich und Dein Verhältnis zu deinem Vater und Eure ganze Geschichte zu kennen.... aber vielleicht kommst Du aus diesem Zustand heraus indem Du Deiner Traurigkeit ins Gesicht siehst?

Ich habe übrigends nach ca. 5 Monaten eine Depression entwickelt obwohl ich eigentlich mit allem drum und dran getrauert hatte, auch viel weinte usw., aber der Verlust meines Vaters hatte irgendwie mein ganzes Leben aus den Angeln gehoben. Wir waren uns in den letzten 20 Jahren nicht sonderlich nahe (war er nicht der Typ für) aber ich habe ihn furchtbar lieb und vermisse ihn sehr. Vermutlich war ich auch so untröstlich weil ich so viel versäumtes bereute, und noch bereue, ich weiss es nicht, ich will damit nur sagen diese Trauer (die erste wirklich grosse Trauer meines Lebens) hat mich völlig umgehauen und ich kann mir inzwischen vorstellen dass einem in einer solchen Zeit so ziemlich alles passieren kann was vorher man nie von sich selbst gedacht hätte. Trauer ist Schwerstarbeit. Mich hat es sehr verändert, es ist alles sehr belastend - so wie für Dich nun auch die zusätzliche Sorge um die Mutter. Vielleicht kannst Du Dir professionelle Hilfe holen, wenn Du das Gefühl hast es nicht allein zu schaffen?

Wünsche Dir alles Gute und viel Kraft.

Kerstin
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