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Alt 07.12.2004, 09:47
Gast
 
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Standard Krebs versus Psyche

Hallo Alexandra,
mein Paps hatte auch Lungenkrebs und war nach diversen Chemos und Bestrahlungen wohl auch krebsfrei. Als er mir diese Info sagte, wirkte er nicht so, als würde er sich freuen. Ich habe ihm also nicht geglaubt und habe mit seinem Arzt - ohne sein Wissen - einen Termin vereinbart. Der Arzt bestätigte mir, dass Paps krebsfrei sei und jetzt zur Kur gehen solle, um sich vom Streß der Monate davor zu erholen.

Als er von der Kur zurück kam, wußte er genau, dass es ihn wieder erwischt hat - eine Untersuchung bestätigte das. Der Tumor saß jetzt am anderen Ende der Lunge und er war kein gestreuter, sondern ein komplett neuer.

Mein Paps hat sich auch vor jeder Therapie und auch vor einer ärztlichen Zweitmeinung verweigert, er hat ja noch nicht einmal akzeptiert, dass er eine Krankheit hatte. Wir hatten sehr heftige Auseinandersetzungen. Paps ging immer brav in die Klinik, ließ alles über sich ergehen und glaubte den Halbgöttern in Weiß.

Ich denke, wenn jeman so ganz und gar nicht bereit ist, seine Ängste auf den Tisch zu legen oder so dominant ist wie Deine liebe Schwiegermutter, dann kann man auch niemanden dazu zwingen. Es wird nur untereinander eine noch größere Distanz aufgebaut.

Ich habe hier im Forum meine Art von Therapie gemacht und meinem Paps eine Menge davon erzählt. Auch habe ich ihm immer wieder gesagt, dass ich mich durch das Internet schlau machen kann und ihm somit meine Hilfe angeboten. Es hat sehr lange gedauert, bis er gemerkt hat, dass ich ihm helfen wollte und dass nur seine Mithilfe auch der ganzen Familie hilft und wir gemeinsam stark sind. Leider kam diese Erkenntnis bei ihm zu spät, aber sein Vertrauen jetzt ganz zum Schluß hat es mir und meiner Mum leichter gemacht, ihn loszulassen und auch er konnte bei mir über seine Ängste und Wünsche, was das Sterben anging, sprechen. Er wollte nicht in einer Klinik sterben, sondern zu Hause. Ich habe ihm gesagt, was alles passieren kann, wenn er keine Luft bekommt oder Leberversagen eintritt und wie machtlos meine Mum und ich dann dastehen würden, habe aber versprochen, dass wir seinen Wunsch soweit akzeptieren und durchhalten werden, wie es in unserer Macht steht. Ab dem Moment war er offen für alles und er begann, mit mir über alle Ängste zu reden und wir haben alles miteinander bsprochen. Ich liebe ihn einfach ganz ganz doll.

Was ich damit sagen möchte ist, dass es für den Betroffenen sehr viele Hoch und Tiefs während dieser Krankheit gibt, sie versuchen aber, ihre Ängste mit sich auszumachen, weil sie keine Belastung für die Angehörigen und für die Menschen sein wollen, die sie lieben. Es ist auch eine Art Verdrängung - so hat es Paps erklärt. Wenn ich nicht darüber rede oder eine ganz starke Persönlichkeit vorzeige, glauben alle anderen auch, dass es dem Patienten gut geht. Man behandelt ihn normal und so wird für alle alles komplett vertuscht. Es ist eigentlich wie: Den Kopf in den Sand stecken". Und man selbst steht hilflos daneben.

Verlang nicht zu viel von Dir und schon gar nicht von Deiner Schwiegermutter. Signalisiere ihr einfach, dass Du sie liebst, immer für sie da bist und sie auf Dich zukommen kann, wenn sie Hilfe braucht oder mit jemanden reden möchte. Wenn Du Stärke zeigst, kommst Du ihr bestimmt näher, als wenn Du Deine Ängst zu sehr rausläßt und ihre Kraft kann sie sich nur holen von Leuten, die sie nicht bemuttern oder sie zu irgendetwas verpflichten, wa sie nicht möchte. Die Ängste Deiner Schwiegermutter sind ganz andere Ängste als die Deinen.

Ich wünsche Dir viel Kraft und Erfolg und wenn wass ist, schreib hier in das Forum, hier bekommst Du wirklich klasse Hilfe. Für mich war es anfangs hier besser als jede Therapie, erst als ich viel Kraft in Paps investieren mußte, weil er es dann annahm, habe ich eine eigene Therapie gemacht.

Alles Liebe
Silke
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