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Alt 20.12.2008, 10:13
susaloh susaloh ist offline
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Standard AW: Umfrage Tumorkonferenz

Hallo,
mein Fall war zweimal in der Tumorkonferenz, das erste Mal war es von vorneherein ein klarer Fall (neoadj. Chemo, etc), beim zweiten Mal allerdings kam etwas heraus, was ich aber auch erst nach fast zwei WOchen dann - erfolgreich - in Frage gestellt habe. Bei der Gelegenheit berichtete der Arzt dann auch ein bischen aus dem Nähstübchen, wie die Diskussion in der Tumorkonferenz gelaufen war, nämlich nicht so gut. Man war sich nicht einig, zum Schluss hat der Chef einfach entschieden und mein junger Oberarzt hat dann den Mund gehalten. Er behauptete, dies sei ihm aber immer noch im Kopf rum gegangen und er hätte sich noch bei mir gemeldet, von sich aus - ich habe so das dumme Gefühl, dass es bei der guten Absicht geblieben wäre. Wenn ich also nicht von mir aus in den Leitlinien nachgesehen hätte, wäre ich nicht bestrahlt worden, obwohl es da deutlich steht, dass die Größe des Ausgangstumor (bei mir riesig) und nicht das Endergebnis (winzig) nach Chemo Ausschlag darüber gibt, ob bestrahlt wird oder nicht. Die Ärzte meinten aber, dies sei in dem Sinne keine Fehlentscheidung gewesen sondern ich sei ein Grenzfall gewesen - einer meinte auch, Patientinnen, die sich kümmern, kriegen die bessere Behandlung... Da dieses Brustzentrum aber ansonsten hervorragend ist und ich weiß, dass manchmal auch einfach was schief gehen kann, möchte ich mich insgesamt nicht beklagen.

Da ich mich von Anfang an sachlich fit gemacht hatte und mit den Ärzten immer, auch entsprechend nüchtern, auf Augenhöhe geredet habe, wäre ich durchaus gerne bei der Tumorkonferenz dabeigewesen, habe aber nicht darauf bestanden, als ich hörte, dass das nicht üblich sei.

Jetzt wo ich weiß, dass in der an und für sich ja sehr löblichen Tumorkonferenz durchaus auch Fehlentscheidungen getroffen werden können, weiß ich nicht, ob ich nicht vielleicht bei einem eventuellen nächsten Mal dies einfordern würde.

Als generelle Möglichkeit macht es glaube ich keinen Sinn. In meinem Brustzentrum habe ich ja schon viele betroffene Frauen getroffen, bei chemo,OP, Bestrahlung, Gymnastik. Generell herrschte bei allen bis auf vielleicht ein oder zwei, ein totales Unwissen, aber aus eigenem Willen/Können, denn die Klinik hat ein super Informationssystem, auch Bücher werden zur Verfügung gestellt. Die meisten dieser Frauen wären definitiv von der mit Fachausdrücken gespickten Diskussion aus den von Ibis genannten Gründen in der Konferenz total überfordert und würden von dort nur eine große Unsicherheit mitnehmen.

Was aber alternativ möglich gemacht und vermutlich auch gefordert werden kann, ist eine Mini-Tumorkonferenz mit und für eine bestimmte Frau. Bei meiner Zimmernachbarin, die frisch nach der Diagnose zur OP gekommen war, und partout und sehr emotional die ihr empfohlene Mastektomie nicht wollte, wurden kurzfristig mehrere Ärzte zusammengerufen, der Oberarzt, ein Radiologe, der Operateur und die Ärztin, die bei der Frau nicht weitergekommen war, und dann wurde mit der Patientin gemeinsam überlegt, ob es nicht doch noch eine Möglichkeit gäbe, ihre Brust zu retten (sie hatte mehrere Tumore). Man kam zu dem Schluss, dass ihr dann doch die Brust abgenommen werden musste, aber hat mit ihr auch gleich Aufbaumöglichkeiten diskutiert, etc. Jedenfalls kam sie tief beeindruckt aus diesem Gespräch heraus, dass sich die gemeinsam soviele Gedanken um ihren Fall gemacht hatten, und war auch getröstet und guten Mutes. Fand ich sehr beeindruckend. Sowas würden die bestimmt auch auf Wunsch einer Patientin machen.

Grüße
Susaloh

Geändert von susaloh (20.12.2008 um 10:18 Uhr)
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