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Alt 20.02.2006, 12:28
chaosbarthi chaosbarthi ist offline
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Lächeln Zuspruch für dich, Tabeha

Hallo Tabeha,

lasse dich knuddeln und trösten... und lasse dir sagen, dass dieses Forum gerade auch für die persönlichen Sachen da ist, für alles, was man mit den Ärzten nicht besprechen kann... sich vielleicht auch in der Familie nicht zu sagen traut. Hier triffst du viele nette Menschen, die deine Situation gut verstehen... schon weil sie darin Teile ihrer eigenen Geschichte wiedererkennen...

Ich bin 45 J. und selbst Darmkrebspatientin und habe zudem vor einigen Jahren meinen Vater an Darmkrebs sterben sehen...

Ich selbst habe im Mai 2005 fast den ganzen Dickdarm verloren und ein Stoma (Seitenausgang) gelegt bekommen. Der Tumor (T4) hatte Bauchdecke und Dünndarm infiltriert und auch, wenn erstmal alles ok ist, ist meine Prognose langfristig nicht so toll. Ich gehe für mich relativ locker damit um und lebe sehr viel bewusster als früher. Ich habe für mich begriffen, dass Leben und Sterben untrennbar zusammen gehören, wie die zwei Seiten einer Hand. Ich hätte jeden Tag so leben sollen, als wäre es mein letzter, denn es hätte auch vorher schon jeder Tag der letzte sein können...

Lasse dich noch mal trösten und knuddeln... Das Schwerste für mich (jetzt mit meiner eigenen Krankheit) war, zu sehen, wie sehr meine Familie leidet. Ich brauchte viel mehr Kraft als sonst, um nicht nur mich, sondern täglich wieder meine Familie aufzubauen...

Für Angehörige ist es oft noch viel schwerer als für den Erkrankten... es ist schwer, das Leid anzusehen... das Gesehene zu ertragen... die Last auszuhalten und denn noch alle anfallende Pflegearbeiten selbstverständlich zu übernehmen und in jeder Richtung als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen (... auch Außenstehenden gegenüber... "ach, wie geht es denn....")... und am Ende ist es unglaublich schwer, loszulassen, gehen zu lassen... und für einige auch, allein zurück zu bleiben... Und wenn man einen Menschen sehr geliebt hat, verheilen manche Wunden nie...

Ich weiß, wie du als Angehörige leidest... ich habe es als selbst Erkrankte bei meinen Lieben gesehen und bei meinem Vater auch selbst fühlen müssen...

Das allerschlimmste Gefühl war für mich als Angehörige eines Sterbenden diese enorme Hilflosigkeit... dieses Nicht-Mehr-Weiter-Wissen... manchmal auch Einfach-Nur-Noch-Weglaufen-Wollen...

Und lass dich nochmal drücken... wenn es dir irgendwann so gehen sollte und du dich dabei ertappst, dass du am liebsten nichts mehr davon sehen und hören möchtest... dann schäme dich nicht auch noch dafür... das sind normale Reaktionen... nehme dir bewusst eine kurze Auszeit, denn du brauchst sie dann... Man kann nicht immer nur stark sein... Nimm dir auch den Mut, den du brauchst, um mit deinem Partner und deiner Kleinen alles das zu tun, was du ohne die Erkrankung auch getan hättest... Das ist für euch gut und für deinen Vater auch... Wenn es zum Schlimmsten kommt, kann er viel beruhigter gehen, weil er gesehen hat, dass ihr das Leben meistern werdet... Nichts ist schlimmer als in Sorge gehen zu müssen...

Grüße deinen Vater von mir... sage ihm, dass er nicht alleine ist... Ich wünsche dir von Herzen all die Kraft, die du jetzt brauchst...

LG chaosbarthi
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