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Alt 07.10.2004, 21:10
Gast
 
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Standard Hodenkrebs - Große Angst

Hallo Gitta,
wenn sich Stadium 1B bestätigt (also Lymphbahnbefall, aber keine sichtbaren Metastasen), steht Dein Sohn vor derselben Entscheidung wie ich vor 4 Monaten: Lymphknotenentfernung oder Chemo. Wait-and-See wird in dieser Situation nicht empfohlen, da die Wahrscheinlichkeit für spätere Metastasen immerhin bei ca. 50% liegt.
Ich hatte mich damals für die Chemo (2 Zyklen PEB) entschieden (s. mein Beitrag unter "Tumormarker"), könnte allerdings bis heute nicht sagen, ob es die bessere Entscheidung war. Mir sagte damals ein Arzt in einem Tumorzentrum: Treffen Sie eine Bauchentscheidung, die Medizin kann derzeit keine einheitliche Empfehlung aussprechen. Auf meine Frage, was ER an meiner Stelle machen würde, antwortete er nach längerem Überlegen: Ich glaube, ich würde die Chemotherapie machen, weil ich die Bauchnarbe nicht so schön fände (dieses mal zur Beruhigung: Die Heilungsaussichten sind derart gut, dass sogar solche sekundären kosmetischen Aspekte eine Rolle spielen!!!)

Die Entscheidung OP oder Chemo ist in dieser Situation wirklich nicht einfach:

Wenn man sich für die OP entscheidet, besteht eine ca. 50%ige Wahrscheinlichkeit, dass man doch noch eine Chemo machen muss. Denn wenn man zu den 50% mit versteckten Metastasen gehört, so werden diese entweder sofort in den Lymphknoten gefunden und es schließt sich eine (schwächere) Chemo an oder sie befinden sich außerhalb der Lymphknoten und man wird später eine Chemo brauchen. Insgesamt wird der Körper bei dieser Entscheidung aber meist deutlich weniger oder gar nicht durch eine Chemo vergiftet.

Die Gefahr, dass man nach der Therapie doch noch Metastasen bekommt, ist bei der OP etwas größer als bei der Chemo (bei der Chemo nur 3% !!!). Daraus folgt jedoch nicht zwangsläufig, dass die Chemo die besseren endgültigen Heilungsaussichten hat, da im Fall von späteren Metastasen die Heilungchancen höher sind, wenn zuvor NOCH KEINE Chemo gemacht wurde.
Insgesamt ist es derzeit schwer zu sagen, welche dieser Optionen die besseren langfristigen Heilungsaussichten hat, da man die Chemotherapie in dieser Situation noch nicht so lange macht (weshalb man auch noch nicht besonders viel über Spätfolgen der Chemotherapie (z.B. Leukämierisiko) weiß; nur, dass es wohl sehr gering ist bei 2 Zyklen).

Gerade dieser Punkt der Unvergleichbarkeit der langfristigen Heilungsaussichten läßt die meisten amerikanischen Experten vorsichtshalber die OP empfehlen, während in Westeuropa (insbesondere in Deutschland) wohl häufiger die Chemo empfohlen wird. (Nach meiner Internetrecherche!)

Das meistgenannte Risiko bei der OP ist der Ejakulationsverlust, jedoch ist dieses in dieser Situation (da nervschonendes Operieren möglich) sehr gering, sofern man die OP in speziellen Kliniken machen läßt (was man auch unbedingt tun sollte!). Ich bin nicht sicher, ob das Risiko der Unfruchtbarkeit bei der Chemo letztlich nicht höher ist. Allerdings könnte ich mir eine psychische Belastung im Fall eines Ejakulationsverlustes vorstellen (kann ich aber nichts zu sagen, s. an anderer Stelle im Forum).

Im Krankenhaus, in dem ich anfangs lag, sprachen sich die einen Ärzte für die OP, die anderen für die Chemo aus, so war das leider. Aber alle haben mir versichert, dass ich wieder 100%ig gesund werde, und genauso fühle ich mich jetzt auch. Und ich hatte auch das Stadium 1B wie Dein Sohn!!!

Also, Kopf hoch und alles Gute!!!

PS: Natürlich bin auch ich kein Arzt und kann keine Gewähr für Richtigkeit geben, aber ich bin mir persöhnlich schon sicher in dem, was ich geschrieben habe.
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