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Alt 18.10.2011, 22:44
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Scheidungsanwalt Scheidungsanwalt ist offline
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Standard Unsere kleine Geschichte

Hallo Forum,

ich möchte mich kurz vorstellen: mein Name ist Tom und ich rutsche geradewegs aus dem Nierenkrebsforum hier herüber. Was ist passiert?

Heute morgen um 3:00 ist meine Mutter eingeschlafen. Von Erstdiagnose bis jetzt waren es gerademal 7 Monate. "Nierenzellkarzinom?" werden einige sagen "da gibt es doch Sutent, Affinator, Cyberknife...". Sicher gibt es das und wer das Nierenkrebsforum und seine Mitglieder kennt weiß um die Erfolgs- und Mutmachgeschichten, die dort niedergeschrieben sind. Jene, die klaglos all die Behandlungen und Nebenwirkungen über sich ergehen lassen, sind aber wahre Kämpfer, die sich bewusst für das Leben entschieden haben. Meine Mutter war keine solche Kämpferin und die Karten waren von Anfang an schlecht gemischt.

Ihre (unsere) Odyssee begann schon früher, im Herbst 2007, als mein Vater unerwartet Blut hustete. Was folgte war die Diagnose Bronchialkarzinom, OP, Chemo, pathologischer Bruch im Schlüsselbein, Metastasierung u.a. des Pankreas, des Oberschenkelknochens und der Schilddrüse und abschließend ein qualvolles Ende im Hospiz am 6.8.10, dass uns bis ins Mark erschüttert hatte.

Als das alles hinter uns lag, sagte ich meiner Mutter: "Du bist jetzt erst 60 Jahre alt. Vermutlich wirst Du noch 20-25 Jahre leben und solltest DIr gedanken machen, wie Du den Rest Deiner Zeit verbringen möchtest." Es lief langsam weiter. Sie fand wieder Gefallen am Leben und ging sogar wieder arbeiten, der Alltag hatte sie nach und nach wieder. Dann, Mitte März diesen Jahres, kam sie die Diagnose Nierenzellkarzinom, also zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Wie hätte sie wohl Kräfte sammeln sollen in so kurzer Zeit?

Danach folgte die Nephrektomie der betroffenen Niere und abschließend eine Besprechung der Histo. Leider waren auch Lymphknoten mit befallen. Wenige Wochen später klagte sie über Schmerzen im Humerus, die durch eine Knochenmetastase hervorgerufen wurden. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich versucht, sie mit dem Lebenshaus in Kontakt zu bringen, aber es war kein Herankommen. Ich hätte sie gerne bei einem Spezialisten gewusst, aber sie hatte zu dem Zeitpunkt den Kopf schon in den Sand gesteckt. Bis es dann zu spät war.

Vor ein paar Wochen rief sie dann aus dem KH an, wo sie sich wegen einer Thrombose hatte behandeln lassen. Die Ärzte dort hatten dann weitere Metastasen gefunden. Da sie zu dem Zeitpunkt schon sehr geschwächt war, riet der Arzt von weiteren Behandlungen ab und ließ sie ins Hospiz verlegen.

Immerhin musste sie nicht in das gleiche Zimmer, in dem mein alter Herr verstarb.

Nach 4 Wochen ist sie als symptomstabil in ein Pflegeheim verlegt worden. Leider ging es dann dort rapide bergab, binnen 11 Tagen. Am Montag rief man mich auf der Arbeit an (ich wohne 400km weg von meiner Ma), dass der Wechsel des Hausarztes, den ich wegen völliger Inkompetenz rasiert hatte, geklappt hat. Nur lag sie da schon im Sterben. Ich habe es gerade noch geschafft, dass wir uns ein letztes Mal sehen durften und meine Schwägerin sagte, sie hätte ruhiger geatmet als ich da war. Das ist mir ein großer Trost.

Sie fehlt mir schon jetzt unendlich, genau wie mein alter Herr.

Beste Grüße

Tom
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