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Alt 30.03.2013, 07:41
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Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Papa, bitte trag mich zurück ins Leben

Guten Morgen liebe Nina (und auch Tine und Nala),

ich finde es gar nicht schlecht, dass du zweifelst und dir so viele Fragen stellst! Sicherlich wäre es für dich einfacher, wenn du es nicht tätest, doch du wählst halt diesen unbequemeren Weg. Und ich verstehe sehr gut, was du meinst. Wir möchten Gewissheit und wir möchten Klarheit. Man kann versuchen, ganz rational gewisse Dinge zu betrachten auf einer wissenschaftlichen Ebene. Ich bin damit nicht wirklich weiter gekommen. Auf der spirituellen Ebene ist es anders. Da gibt es auch keine vorgefertigte "Lösung", die finden wir dann in uns selbst. Ich denke, dein Papa hat dir bereits Zeichen geschickt und du hast sie auch erkannt. Die Vögel am Himmel, ein Sonnenstrahl, die Wärme beim Betrachten seines Bildes und du wirst auch bestimmt immer wieder solche Zeichen finden, wenn du offen dafür bist.

Die Idee mit dem Buch von Tine finde ich sehr schön! Ich denke, ich werde mir das auch mal besorgen. Letztlich werden wir nie die Gewissheit haben, was "danach" kommt. Und wenn wir sie eines Tages selbst erleben, dann werden wir diese Erfahrung nicht mit den Lebenden teilen können. Ich persönlich kann mir einfach nicht vorstellen, dass nach dem Tod NICHTS ist. Vielleicht will ich mir das ganz einfach auch nicht vorstellen, weil es mich so sehr erschreckt und ernüchtert. Ich glaube andererseits auch nicht, dass wir als so eine Art Geist unterwegs sind und über Blumenwiesen hüpfen. Ich gehe davon aus, dass wir keinen Körper mehr haben. Alles Physische ist verschwunden. Aber ich meine, dass unsere Energie bleibt, denn Energie geht nicht einfach verloren, oder? (Hmmm, ich war in Physik allerdings eine Niete und daher weiß ich nicht, ob das jetzt so richtig ist) Und diese Energie wird Teil des Ganzen. So stelle ich mir das vor. Daher ist für mich mein Papa nun ein Teil der Sonnenstrahlen, des Regens, er ist in den Bäumen, weht als Wind am Meer. Es mag Menschen geben, die meine Vorstellung als kindlich und albern betiteln, doch es stört mich nicht, denn ich kann gut damit leben. In der Gewissheit eben, dass es meinem Papa nun an nichts mangelt, dass er keine Schmerzen mehr hat und dass ich ihn eines Tages wiedersehen werde. Ja, ich glaube sogar, dass er mich "abholen" wird, wenn ich gehen muss und meine Zeit hier abgelaufen sein wird.

Aber das hat auch alles ungefähr ein Jahr gedauert bei mir. Heute kann ich tatsächlich lächeln und empfinde so ein warmes Bauchgefühl, wenn ich an meinen Vater denke. Wie du auch unterhalte ich mich sehr oft mit meiner Mutter über meinen Papa. Wir tauchen ein in unsere Erinnerungen, schauen uns alte Fotos an, erzählen die alten Geschichten. Da wird mein Papa auch nicht "verklärt", sondern er ist der Mensch mit all seinen kleinen Macken und Fehlern, der er immer war. Oft lachen wir jetzt, wenn wir uns an ihn erinnern. Auch meiner Mama gelingt das heute. Er wird uns immer fehlen und meiner Mama sicherlich noch sehr viel mehr als mir, aber wir können uns nun wieder am Leben erfreuen.

Das, was du gerade durchlebst, das habe ich ich wohl ähnlich auch so erfahren. Ich habe gespürt, dass die Krankheit und der Tod meines Vaters auch mich sehr verändert haben. Ich empfand fast so etwas wie eine Sinnkrise und habe alles in Frage gestellt (und tue es heute noch oft). Doch ich weiß, dass ich nicht die Kraft und vielleicht auch nicht den Mut habe, mein komplettes Leben auf den Kopf zu stellen und daher mit Kompromissen leben muss (zumindest in einigen Bereichen meines Lebens wie im Job).

Schade, dass du so weit weg wohnst! Sonst hätten wir uns mal zu einem "philosophischen Abend" mit einem Gläschen Wein verabreden können))

Dir und deiner Mama wünsche ich auch schöne Ostern!
Liebe Grüße
Miri
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Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark!
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