Thema: Und nun?
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Alt 04.10.2005, 16:39
AndreaM AndreaM ist offline
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Standard AW: Und nun?

Liebe Susanne,

ich möchte Dir nicht zu nahe treten - aber ein ganz klein wenig liegt das Problem auch bei Dir. Auch ich hatte den Eindruck Du bist eine Heldin, die mich tröstet, obwohl sie doch eben selbst einen herben Verlust erlitten hat. Die mit allem fertig wird. Die nichts umwirft. Die auf jede Frage eine Antwort weiss. Die einem eine Schulter zum Ausweinen hinhält Die es schafft, in jeder Verzweiflung noch das Gute, die Erfahrung, die eigene Weiterentwicklung zu sehen. Du hast getröstet und geraten, und man hat Dir zugehört und fühlte sich geborgen. Eigentlich weiss man ja selbst, dass es um vieles leichter ist, anderen zu raten, als sein eigenes Leben im Griff zu behalten.

Du sagst, Du versuchst Deinen Mann zu ersetzen und hilfst anderen. Und dann schaust Du Dich um - und findest niemanden für Dich selbst, an dem Du Dich anlehnen kannst. Ja, erstens sind Menschen wie Du selten und zweitens - woher sollen die denn wissen, wann Dir die Kraft ausgeht? Lässt Du sie es denn wissen? Du musst für niemand Deinen Mann ersetzen - wer gibt Dir eigentlich das Gefühl, dass Du allein nicht ausreichen sollst? Wahrscheinlich warst Du für Deinen Mann schon immer der Fels in der Brandung?

Du erinnerst mich ein wenig an meine Mama - immer für andere da, immer ein offenes Ohr für die Sorgen anderer, aber als sie selbst Hilfe gebraucht hätte, war sie garnicht in der Lage diese anzunehmen. Ja, das muss man nämlich auch. Man muss dann die eigene Schwäche zugeben, die Angst vor der Zukunft, die Angst, nicht alles zu schaffen und daraus resultiert dann die Versuchung doch dann gleich aufzugeben.

Ich weiss nicht, wie man den Verlust des geliebten Partners verarbeitet. Ich habe beim Tod meiner Mutter von einer Bekannten, die Ihrem Mann verloren hat, den Rat bekommen: Weine, wenn Dir danach ist. Traure, schreie, lass Dich hängen. Versuche bloss nicht, tapfer zu sein - denn es wird Dich ohnehin einholen. Und auch die Zeit kann die Wunden nicht heilen, wie man immer so schön sagt, sie lehrt und nur, mit den Schicksalsschlägen zu leben.

Ich glaube nicht, dass sich die Freunde wirklich abwenden - Du musst nur die rausfinden, die wirkliche Freunde sind. Und ganz ehrlich: 50 gute Freunde hat niemand! Finde sie, und Du wirst die Schultern zum Anlehnen finden. Finde sie, aber sag ihnen dann auch, dass Du genau jetzt leidest und Hilfe brauchst, denn vielleicht haben sie Dir schon ihre Arme und Schultern angeboten - aber Du brauchtest keine, Du warst ja die Starke.

Es wird dauern, bis Du ein neues Ziel für Dich ganz allein im Leben gefunden hast. Bis Du wieder Träume hast, die Dir auch ohne Deinen Mann Freude machen werden. Aber bestimmt wird diese Zeit kommen! Den Lebenspartner sucht man sich aus, nicht weil man ohne ihn nicht leben kann, sondern weil man mit ihm leben will. Du wirst das schaffen, auch wenn es ein langer Weg ist. Und irgendwann wirst auch Du wieder, wie die Menschen denen Du das heute nicht verzeihen magst, einfach leben ohne darüber nachzudenken.

Also - wenn ich mir so den Text hier anschaue, dann weiss ich nicht ob meine wirren Worte Dir weiterhelfen können - ich habe einfach geschrieben was mir in den Sinn kam. Ich möchte dir hauptsächlich sagen: auch jemand mit so viel Kraft wie Du hat das Recht schwach zu sein - und ich bin sicher, Du wirst immer wieder getröstet werden, Dich immer wieder aufrichten und am Ende Deinen Weg finden.

Ganz liebe Grüße
Andrea
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