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Alt 02.09.2019, 16:05
EggSackt EggSackt ist offline
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Standard Seminom vs. 4 Zyklen PEB

Hallo liebes Forum,

wie die meisten von euch war ich hier zunächst stiller Mitleser.
Viele Beiträge haben aber in den vergangen Monaten sehr geholfen und mir Mut gemacht.

Zunächst etwas über mich selbst. Ich bin 38 Jahre alt, verheiratet, 2 Kinder.

Meine Geschichte beginnt so wie die allermeisten hier. Ein komisches Gefühl an meinem rechten Hoden, man erfindet allerlei Ausreden bis man letztendlich doch einen Termin beim Urologen macht, um Sicherheit zu haben.
Bei mir war das im April 2018 als ich in meinen Augen vorsorglich zu einem Urologen gegangen bin um die Sache abzuklären. Als ich ihm berichtete, dass ich ein Ziehen in meinem rechten Hoden verspüre sagte er nur lächelnd: "Mir zwickt es täglich an die 10 mal an den Hoden". Aufgrund dieses dummen Spruchs fragte ich ihn daraufhin, ob er sich nicht einmal selbst untersuchen lassen wolle!?!
Auf jeden Fall kam es wie es kommen musste: Ultraschall,... "Sie haben einen Hodentumor, und das nicht erst seit gestern!"
Um mir noch mehr blöde Sprüche zu ersparen, habe ich halb entsetzt, halb erbost die Praxis auf Nimmerwiedersehen verlassen und mich im örtlichen Krankenhaus mit diesem Befund vorgestellt. Dort wurde dann abermals ein Ultraschall gemacht, selbes Ergebnis. 4 Tage später OP, rechtes Ei raus, Biopsie vom linken Hoden (keine TIN).
Zwei Tage später CT Thorax, Abdomen. Keine Metastasen. Tumormarker im Normbereich.

Histologie: klassisches Seminom 2 x 1,7 cm pt2 N0 L1 V1 Stadium 1b good prognosis

Tumorboard und Zweitmeinungszentrum: wait & see

Also machte ich mich auf die Suche nach einem neuen Urologen. Ich wählte jemanden aus, dessen Praxis zwar 50 km von meinem Wohnort entfernt ist, der mir aber ausdrücklich empfohlen wurde (aufgrund der schlechten Erfahrungen bei der Diagnose ). Also hatte ich im Juli 2018 dort meine erste Nachsorge. Dieser Arzt meinte zu mir, dass er mir zu einem Singleshot Carboplatin raten würde, da der Tumor bereits in Lymph- und Blutgefäße eingebrochen sei. Ich hielt mich aber felsenfest an die Empfehlung der Ärzte und des Zweitmeinungszentrums. Also einigten wir uns auf wait & see. Er hielt das ebenso für vertretbar und schätzte meine Rezidivwahrscheinlichkeit auf ca. 15%.

So ging es dann erstmal weiter:

1. Nachsorge August 2018 - MRT Abdomen, CT Thorax low dose - alles sauber

2. Nachsorge November 2018 - Ultraschall alles gut, Tumormarker im Normbereich

3. Nachsorge Februar 2019 CT Thorax low dose - alles sauber,
MRT Abdomen im März 2019: Lymphknotenbulk 6,8 x 3,5 cm

Soviel zum Thema Serminommetastasen wachsen nur sehr langsam!
Das ist ein Ammenmärchen! Hodenkrebs hat eine hohe Zellteilungsrate!


Also wieder ab ins Krankenhaus. Diesmal war ich fix und fertig, da ich mit einer solchen Entwicklung nach fast 1 Jahr nicht mehr wirklich gerechnet hatte. Das Zweitmeinungszentrum empfahl 3-4 Zyklen PEB, am nächsten Tag wurde mir direkt ein Port eingesetzt und am Montag darauf begann der erste Zyklus.

Insgesamt habe ich 4 Zyklen über mich ergehen lassen und hab so ziemlich
alle Nebenwirkungen mitgenommen die es so gab. Leukos bis 0,6, entzündeter Rachen, Nasenbluten, 10 Kilo abgenommen, Armvenenthrombose, neutropenisches Fieber, Blutwerte (HB) wie Jakelong und einen Hypochonder wie Golsen.
Aber es sollte sich wohl lohnen: nach dem zweiten Zyklus wurde ein CT gemacht und es war nur noch von einem Restbefund mit maximalem Durchmesser 15 x 8 mm, 8 x 11 mm und 15 x 8 mm die Rede.

Ich war super erleichtert, man liest ja öfters, das Seminome auf die Chemo (gerade wohl wegen der hohen Zellteilungsrate) sehr gut ansprechen.

Im Mai 2019 nach dem 3. Zyklus noch ein CT:
hier stand dann nur noch was von 2 residuellen Lymphknoten 5 x 12 mm und 5 x 10 mm.

Trotzdem wurde noch ein 4. Zyklus hinterhergeschossen.

Ende Juni 2019 wurde ich aus dem Krankenhaus entlassen. Anfang Juli ging ich für 3 Wochen auf REHA. Dort rief mich das Krankenhaus an, das Zweitmeinungszentrum empfehle eine PC-RTR für alle Resudien über 1 cm.

Sowohl die Ärzte im REHA Zentrum als auch der niedergelassene Urologe halten das für eine falsche Empfehlung. In den Leitlinien ist das Vorgehen für Seminome mit Residualtumoren auch ausdrücklich anders geregelt. Da zur selben Zeit im selben Krankenhaus noch ein weiterer Patient mit einem metastasierten Nichtseminom lag, gehe ich hier mal von einem Fehler des Zweitmeinungszentrums aus.

Auch auf Nachfrage, ob man vielleicht einen Fehler in der Histologie vermutet, wurde dies verneint. Es spricht aber auch (fast) alles für ein klassisches Seminom... Alter, Schnellschnitt, Histologie, Marker negativ.

Also wurde mir von meinem Urologen dazu geraten weiterhin leitlinengerecht vorzugehen. Das sehe ich im übrigen genau so.

Heute in einer Woche ist dann das Endstaging mit MRT Abdomen.

Natürlich bin ich seit fast 2 Wochen wieder mega nervös. Der Clown hüpft auf meinem Rücken herum und überall zieht es und zwickt es.

Ich hoffe einfach darauf, dass dieser furchtbare Alptraum endlich ein Ende hat und keine weiteren Maßnahmen mehr nötig sind. Der Tumor ist ja während der Chemo wirklich vorbildlich geschrumpft und ich hoffe die finden da nächste Woche allerhöchstens noch totes Gewebe. Am liebsten gar nix mehr!

Mann, Mann, Mann! Diese Nachsorgen...

Geändert von EggSackt (02.09.2019 um 16:07 Uhr)
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