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Alt 21.08.2015, 10:25
Phönixa74 Phönixa74 ist offline
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Standard AW: Angst vor End-Diagnose

Hallo Sunny,

ich bin zwar noch mitten in der NHL-Behandlung, versuche aber trotzdem Dir ein bisschen Mut zu machen!
Die Zeit der Diagnostik war für mich bislang die Schlimmste! Ich weiß genau, welchen Albtraum Du gerade durchlebst!
Als ich meinen Feind dann kannte - wurde es besser. Ich bin irgendwann in der Krankheit angekommen, habe sie akzeptiert und die Panik ist irgendwann verschwunden.
Inzwischen gibt es Stunden, bzw. fast ganze Tage - da vergesse ich, dass ich krank bin.

Ganz grundsätzlich: Lymphome haben gute Behandlungs- und Heilungschancen!
Das hast Du sicher schon recherchiert.

Vor der Chemotherapie hatte ich furchtbare Angst - und was soll ich sagen?
Mir geht es gut! Ich habe kürzlich meinen 4. Zyklus R-CHOEP 21 beendet.
Meine Blutwerte sind stabil, ich hatte bislang (toi toi toi) keine Infekte und sehr wenig Nebenwirkungen. So komisch das klingt: mein Leben geht so weiter wie vorher! Ich war sogar häufig schwimmen (das ist vielleicht bisschen grenzwertig und muss jeder individuell entscheiden) wir waren während der Chemo ein paar Tage im Allgäu wandern, ich erledige weiterhin alles mit dem Fahrrad, unternehme sehr viel mit meinen Kindern...

Die Haare gehen aus - das ist Fakt. Aber auch das fand ich erträglich und im Anbetracht der anderen Nebenwirkungen die auftreten können, nicht sooo schlimm. Ich habe mir frühzeitig eine Perücke ausgesucht - eine Frisur, die ich immer schon haben wollte aber selbst nie hingekriegt habe.
Niemand sieht mir die Krankheit an. Niemand, der es nicht wissen soll.
Das gibt mir Schutz und Normalität.

Ich fühle mich meistens fit, öhm, sogar besser als vor der Behandlung...
Ich könnte sicher auch arbeiten gehen - aber in meinem Job ist das aufgrund der Infektionsgefahr unmöglich. Aber ganz grundsätzlich wäre ich körperlich dazu in der Lage. So nutze ich die freie Zeit so gut wie möglich.

Ich will wirklich nicht so tun als wäre das Ganze ein Spaziergang - das ist es definitiv nicht. Vor allem psychisch nicht!
Aber es ist zumindest für mich im Moment viel, viel weniger schlimm als ich erwartet habe! Es ist machbar!

Mein Zwischenstaging hat ergeben, dass der Tumor nach dem 3. Zyklus um mehr als die Hälfte geschrumpft ist und das gibt noch mal ordentlich Rückenwind!

Jetzt musst Du erst mal diesen Diagnostik-Marathon hinter Dich bringen. Das ist schlimm! Immer alles Schritt für Schritt!
Es wird wieder besser! Glaub mir!
Wir sind jung und ansonsten gesund, haben sehr gute Chancen diese Krankheit zu überstehen!!!

Noch ein paar Tipps:

Pathologie: bestehe darauf, dass die Proben von einem speziellen Lymphomreferenzzentrum untersucht werden! Davon gibt es 6 Zentren in Deutschland.
Hätte man in meinem Fall der Pathologie im Wald-Wiesen-Krankenhaus vertraut - würde ich jetzt mit Cortison auf eine spezielle Entzündung behandelt werden und die Krebszellen könnten sich weiterhin ungehindert vermehren!
Erst der 3. Pathologe (Lymphomreferenzzentrum Frankfurt, Prof. Hansmann) hat die Tumorzellen gefunden!!!

Hole Dir eine Zweitmeinung ein sobald Du das endgültige Ergebnis hast! Ich habe meinen Onkologen grundsätzlich schon vertraut - aber mir hat die Zweitmeinung einfach mehr Sicherheit vermittelt und es wurde aus den verschiedenen Behandlungsvorschlägen eine etwas andere Behandlung als ursprünglich geplant. Und das Beste: sie wirkt!

Suche Dir außerdem ganz frühzeitig psychologische Hilfe! Hier bei uns ist es eigentlich unmöglich ohne lange Wartezeit einen Therapieplatz zu bekommen - aber nachdem ich erzählt habe um was es geht, bekam ich ganz schnell einen Therapieplatz bei einer super Psychologin. Sie hilft mir ganz ungemein!
Stichwort: "Gedankenkreisen abstellen" oder "wieviel und was sage ich den Kindern" "aus den tiefen Löchern wieder herausfinden"

Chemotherapie
Ich habe die ersten zwei Zyklen stationär gemacht und Nr. 3 + 4 ambulant. Ambulant war für mich keine gute Sache - ich kam überhaupt nicht zur Ruhe. Aber das ist auch eine Sache, die muss jeder für sich selbst entscheiden. Die nächsten Zyklen mache ich wieder stationär - das war kein Problem.

Denke immer nur Schritt für Schritt. Lenke Dich gut ab!
Es kommt ein ganzer Wust an Dingen auf einen zu - aber es ist gut machbar!

Ich habe mir anfangs die Finger wundgegoogelt und war irgendwann total kirre und verstört aufgrund der vielen Informationen und Erfahrungsberichte. Das würde ich (glaube ich) auch nicht mehr machen.
Aber grundsätzlich ist mir der Austausch mit Betroffenen sehr wichtig!

Also wenn Du Fragen hast - nur zu! Ich bin mitten drin!

Der Gedanke an meine Kinder war und ist für mich nach wie vor das Schlimmste. Ich hatte meine kleine Tochter kurz vor der Diagnose abgestillt. Ein einziger Albtraum.
Mein Sohn (5) hat inzwischen leider Ängste entwickelt und klammert ganz furchtbar an mir. Wahrscheinlich weil er meine Ängste doch ziemlich mitbekommen hat.
Ich glaube, da hätte ich mir noch viel früher professionellen Rat suchen sollen, aber vielleicht kann man auch nicht alles vermeiden.
Nun meine ich, wird es inzwischen schon wieder etwas besser. Auch die Familie lernt irgendwann damit umzugehen.

Ich versuche unseren Alltag so normal wie möglich weiter zu führen und das gelingt in der Regel sehr gut. Für die Kinder nehme ich mir besonders viel Zeit.
Ich glaube, das ist das Wichtigste!

Jetzt wünsche ich Dir erst mal viel Kraft! Du wirst sehen - alles ist machbar und es wird irgendwann wieder leichter!

Liebe Grüße,
Phönixa

Geändert von Phönixa74 (21.08.2015 um 10:46 Uhr)
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