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Alt 23.10.2013, 21:01
Cigdem Cigdem ist offline
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Unglücklich Der Lymphom -die ANGST - die Kraft - eure Therapie:)

Hallo zusammen,

ich lese hier schon seit August mit und kenne fast jedem seine Geschichte, die hier geschrieben wurde auswendig Ihr seid echt alle super. Ihr ward meine große Unterstützung auch wenn ich hier nie geschrieben habe bis heute..(Ihr seid sozusagen meine Psychotherapie)

Jetzt endlich habe ich auch die Mut über meine Geschichte und Gefühle zu schreiben (es geht um meinen lieben Papa 48J)

Seid April klagte er über Bauchschmerzen. Nahm innerhalb von wenigen Wochen mehrere Kilos ab und war immer schlapp. Diagnose war vom Arzt: Gallensteine. August wurde dann operiert und es kamen zwei Steine raus.
Papa klagte aber weiter mit Bauchschmerzen, ging weiterhin zum Arzt, wurde aber immer abgewimmelt, es wäre normal nach so einer OP. Dachte ich ja auch und las auch viel darüber im Internet (ich muss dazu aber auch noch sagen, ich war ein Cyber-Hyperchondries Patient, hoffe das ich es richtig geschrieben habe. Dieses habe ich jedoch mit eigener Therapie in Griff bekommen)

Naja dann wollte mein Papa mitte August wieder zum Arzt um sicher zu gehen, wegen den weiter andauernden Beschwerden. Der eigene Hausarzt hatte Urlaub also ab zum Vertreter. Dieser machte ein Ultraschall, was ihm nicht gefiel und schickte ihn in die Klinik wo er an der Galle operiert wurde. Er wurde stationär am selben Tag aufgenommen. Wir dachten nur es wäre evtl. eine Entzündung. Leider war es nicht so, und ihm wurde mitgeteilt dass er mehrere kleine und einen großen Knoten im Bauchraum hat.

Also warteten wir auf die Biopsie ab. Wobei schon allein die Aussage "Knoten" uns wirr gemacht hat. An einem Freitag, wo die Ergebnisse noch nicht da waren, bin ich dann zur Stationsärztin und wollte wissen, was es denn überhaupt sein kann (Papa kann nicht perfekt deutsch und ich wohne 100 km entfernt, sodass ich nicht immer dabei war).
Die Ärztin sagte mir dann direkt ins Gesicht, dass mein Papa Lyphknotenkrebs hat. Meine Welt stand in diesem Moment still. Ich sah wie mein Papa mich von weitem beobachtete während des Gespräches mit der Ärztin. Eigentlich heule ich bei jeder Kleinigkeit, aber in diesem Moment kam nichts. Ich war wie taub und habe nur noch gefragt ob eine AKUTE Lebensgefahr besteht. Mehr wollte ich nicht wissen in diesem Moment. Sie sagte nein, nicht akut. Diese Aussage machte mich noch mehr kaputt. Ich ging zurück zu Papa und habe in kleinen Schritten über drei Tage lang gebraucht ihm die genaue Diagnose zu sagen. Es war eine sehr schwere Geburt.Wobei jedes Familienmitglied auf mich angewiesen war, da ich die Einzige war die mit der Ärztin richtig gesprochen hatte und auch gut deutsch kann. ich habe eine Woche nichts, absolut nichts gegessen. Nur geraucht und Wasser getrunken.

Ich glaube mein Papa hat es erst mit Anfang der Chemo realisiert, dass er Krebs hat. Ich wollte dieses Wort nie in den Mund nehmen und habe versucht nur ihn aufzumuntern, wobei ich dabei selbst kaputt ging (aber für Papa mach ich das liebend gerne).

Die genaue Diagnose war dann diffus großzellig B-Zell Lymphom IIIS. Anfangs verstand ich nur Bahnhof. Später wurde ich zu einer Spezialistin (wurde sogar vom Chemoarzt letztens gefragt, ob ich vom Fach wäre Ich sagte nein, bin Kauffrau).

Papa hat morgen die 4. Chemo - R-Chop 14(wie schnell die Zeit vergeht). Während den 3 Zyklen ging es ihm super gut (hatte sogar manchmal angst, ob die Chemo denn nicht wirkt) außer Haarausfall und starke Angszustände, sodass er mich morgens um halb 7 anfing anzurufen. Er sagt immer, ich wäre seine Kraft. Fragte jedes mal, ist das normal, darf ich das essen, darf ich dort hin. Ich antwortete jedes mal und war nie genervt.
Gestern war Zwischenstaging mit CT. Er hat anscheinend in der Radiologie so ein Aufstand gemacht, dass sie ihm eine kleine Aussage machen sollen, dass daraufhin die Aussage kam, dass der Lymphknoten sehr geschrumpft sei (usprünglich ca. 12cm im Bauchraum und ca.8cm im Brustkorb). Leider ist das Gespräch erst am Freitag, wo ich auch dabei sein werde. Ich habe so angst davor, wieder enttäuscht zu werden. Er hat auch sehr Angst. Warum weiß ich nicht, sonst war er immer ein starker Mann ohne Ängste.

Gestern wurde auch Blutkontrolle gemacht. Bis jetzt waren die Leukos immer im Referenzbereich, heute jedoch auf 19.000 erhöht. Der Hausarzt sagte ihm, es sei alles in Ordnung. Aber ich mache mir da wieder zu viele Sorgen. Er hat aber starke Entzündungen in der Mundschleimhaut. Ich hoffe es liegt "nur" daran.

Ja Leute, ich weiß es ist ein langer Roman aber ich wollte mich bisschen hier ausheulen. Eins ist mir bewusst geworden, ich bin doch viel stärker als gedacht. Ich dachte immer, wenn jemand von meiner Familie jemals Krebs bekommen sollte, würde ich das nicht aushalten können. Ich dachte immer, lieber ich bin krank, als meine geliebte Eltern. Aber man KANN/MUSS es aushalten und wird sogar stärker dabei.

Ich hasse diesen Krebs. Ihr bestimmt auch alle. Ich dachte, das kommt nie in meine Familie. Nur andere Leute haben das. So da ist er nun, und steht mitten in meiner Familie. Auch wenn ich sage, ich werde stärker, bin ich eigentlich am Ende meiner Kräfte. Jeden Tag Papa aufmuntern, jeden Tag Angst haben, hat meine Kräfte entzogen. Aber es wird wieder besser. Ich freue mich auf den Tag, wo ich das Wort "Remission" ganz laut schreien darf und los lassen kann.

So und das war meine Geschichte, um mich auszuheulen. Danke fürs Lesen.
Ich liebe euch alle

LG Cigdem
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