Einzelnen Beitrag anzeigen
  #2  
Alt 16.01.2003, 17:59
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Der Tod sollte KEIN Tabu sein!!

Liebe Antje,
ich kann deine Empfindungen voll nachvollziehen. Ich habe an Silvester meinen Vater verloren. Nachdem auch er einige Tage in einem Hospizzimmer verbracht hatte, haben wir es gewagt, ihn zu Weihnachten nach Hause zu holen. Unsere Hausärzte und auch das Team vom Krankenhaus haben uns darin voll unterstützt. Da wir alle Urlaub hatten, konnten wir ihn zu Hause rund um die Uhr betreuen und hatten die medizinische (und psychische!) Unterstützung durch unsere Hausärzte.
Gerade die letzten Tage und Stunden habe ich ähnlich erlebt wie du. Einerseits war es wohl das Morphin, andererseits sicher auch die eigenen Körpergifte durch die Krankheit, die den Geist vernebelten... Trotzdem, ich glaube auch das sind Momente dieses Abschiedsprozesses, die ich nicht missen möchte. Ich bin riesig dankbar, dass wir die Möglichkeit hatten, den Abschied so intensiv gemeinsam zu erleben.
Ich denke auch, der Tod wird in unserer GEsellschaft viel zu sehr tabuisiert. Gut, dass es Hospizeinrichtungen gibt, die diesem "Trend" entgegenwirken und vielleicht ein neues (altes) Bewusstsein und Wissen wieder in unsere Köpfe zurückbringen können. Nicht jeder hat die Möglichkeit, seinen sterbenden Angehörigen zu Hause zu pflegen und mit ihm die letzten Lebenstage aktiv zu gestalten. Uns hat es sehr geholfen, dass auch der Krankenhausarzt (mit spezieller Palliativ-Ausbildung) während dieser einen Woche zweimal angerufen hat, um sich nach meinem Vater zu erkundigen und immer wieder betont hat, dass "seine Tür offensteht", falls wir es nicht mehr schaffen. Schade nur, dass gerade für diese wichtige Arbeit in unserer Gesellschaft wieder mal kein Geld da ist, und fast alles auf ehrenamtlicher Arbeit basieren muss...
Kerstin
Mit Zitat antworten