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Alt 27.10.2012, 15:27
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Woher Hilfe? An wen wenden?

Hallo Sabbi,

ich finde, alle Postings bis jetzt können dir sehr hilfreich sein. Es spielt dabei keine Rolle, ob du mit deren Inhalt einverstanden bist oder nicht. Das ist gar keine Frage, denn eins können sie: dich zum Nachdenken bringen. Es wurden sehr viele Aspekte menschlicher Beziehung und Zwänge in Notsituationen angesprochen. Such dir das aus, was für dich am besten passt.

Was du bis jetzt versucht hast bei deinem Vater finde ich absolut in Ordnung. Das ist keine Bevormundung. Dein Vater steckt so tief in seiner Trauer, dass er die Verantwortung für sich selbst nicht mehr oder kaum noch tragen kann, geschweige denn die Verantwortung für seinen Hund. Seine Trauer als Depression zu bezeichnen empfinde ich als Blödsinn. Ganz sicher gibt es sehr viele Parallelen, das ist aber auch schon alles. Letztens las ich von dem Bestreben, dass, wer seine Trauer nach 2 Wochen nicht im Griff hat, als depressiv einzustufen ist. Geht es noch? Die Lobbyisten lassen grüßen.

Du als Tochter musst versuchen, deinem Vater zu helfen. Schon aus Eigeninteresse. Wie sollst du damit klar kommen, es nicht zu tun? Außerdem liebst du ihn. So, wie du es beschreibst, scheint es deinem Vater unmöglich zu sein (Messie, Hund, Körperpflege, Ernährung) von selbst aus seinem Tief heraus zu kommen. Du bist aktiv geworden und hast es richtig gemacht bisher. Du gibst ihm Aufgaben. Das ist richtig und hat absolut nichts mit Verdrängen zu tun. Es könnte ja sein, dass er Freude an diesen Aufgaben findet und damit sein Lebensmut wieder geweckt wird. Ganz wichtig ist Reden. Auch über dich. Was du fühlst, wenn du ihm zuschaust.

"Das Leben muss schön sein." Quatsch mit Sauce. Das Leben ist wie es ist. Ich sagte damals: "Ich lasse mir mein Leben nicht schön reden." Auch mir hatte man psychologische Hilfe angeboten und ich lehnte sie ab. Hätte ich gewusst, wie schwer es wird, ich hätte vielleicht anders gedacht. Dieser Weg geht durch die Hölle und so manches Mal schlitterte ich nur um Haaresbreite am Abgrund vorbei. Petra und Angie haben es sehr gut beschrieben. Dank guter Freunde habe ich es geschafft bis heute. Ohne sie? Vielleicht nicht. Keine Ahnung.

Was du tust ist keine Bevormundung oder Entmündigung. Es ist Hilfe zur Selbsthilfe. Denn alle wichtigen Entscheidungen trifft dein Vater selbst. Auch keine Entscheidung treffen zu wollen ist letztendlich eine Entscheidung. Seine Entscheidung, mit der er leben oder eben ... naja, das will ich nicht hoffen. Du selber kannst dann schlimmstenfalls sagen, du hast es versucht und dein Bestes gegeben. Das ist für dich sehr wichtig.

Du kannst dir Hilfe holen. Das muss kein Psychologe sein. Es gibt auch andere und die verschreiben keine rosa Pillen. Ein guter psychologischer Berater oder ein Trauerberater z.B. bietet 'nur' Hilfe zur Selbsthilfe. Auch auf dem Umweg über dich. Leider übernimmt die Kasse da keine Kosten. Vielleicht hat die Kirche da was zu bieten oder andere soziale Träger.

Versuche, deinem Vater zu helfen. Sein Leben ist es wert. Er ist es wert. Ihr seit es wert. Gib dein Bestes und du machst nichts falsch. Denk darüber nach.


Ich drücke euch die Daumen,

Helmut


PS: So ein kleiner, wohldosierter Tritt in den Hintern zur richtigen Zeit kann manchmal Wunder wirken. Dein Vater ist bestimmt nicht aus Zucker. Ich habe viele solcher Tritte erhalten.
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Geändert von HelmutL (27.10.2012 um 15:51 Uhr) Grund: PS
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